Jackie Stewart: Die Besten? Hamilton, Vettel, Alonso
Der erste Besuch von Jackie Stewart im altehrwürdigen Autodromo Nazionale von Monza fand nicht als Rennfahrer statt: «Ein Freund nahm mich 1959 zur Rennstrecke mit, ich war eigentlich in Italien, um an einem Wettbewerb im Tontaubenschiessen teilzunehmen», sagt der heute 76jährige Schotte.
Auf der Bahn war ein Gemischtprogramm aus Rennwagen und Motorrädern – John Surtees mit seiner MV Agusta, Ferrari mit Phil Hill und Wolfgang Graf Berghe von Trips. «Monza hat mich sofort in seinen Bann gezogen, die Faszination für diesen Ort hat mich nie verlassen», sagt Stewart weiter.
Schöne Geste der Organisatoren: 50 Jahre nach dem ersten GP-Triumph von Jackie brachte man seinen damaligen BRM P261 auf die Monza-Bahn. Stewart brachte dazu den damals gewonnen Siegerpokal mit.
Das damalige Monza war eine unfassbar schnelle Windschattenschlacht, Leitschienen gab es nicht, dafür noch mehr Bäume als heute, die Fahrer mussten taktisch klug entscheiden, zu welchem Zeitpunkt sie auf welchem Platz liegen wollten – um dann den entscheidenden Angriff zu wagen. Damals gab es keine verstellbaren Heckflügel, um das Überholen zu erleichtern, um genau zu sein, gab es überhaupt keine Flügel, dafür pro Runde Dutzende von Überholmanövern.
Monza, das ist pure Emotion, aber Stewart erinnert sich daran, dass er nach seinem Sieg seltsam emotionslos war, wie er den Kollegen der «Gazzetta dello Sport» sagt: «Mein BRM-Stallgefährte Graham Hill hat drei Runden vor Schluss einen Fahrfehler begangen. Ich hatte beim Schiessen gelernt, mit Erfolg umzugehen und Höhen und Tiefen zu bewältigen, ohne den Kopf zu verlieren. Ich habe gewissermassen eine mentalen Blockade aufgebaut. Das habe ich ein Leben lang getan, und das hat auch dazu geführt, dass ich in meinem Leben nie etwas gesagt habe, das ich später hätte bereuen müssen. Das ist vor allem im Umgang mit Frauen sehr nützlich!»
In Monza holte Stewart vier Jahre später den ersten von drei WM-Titeln, erneut mit einem Sieg. «Schwer war das nicht – Ken Tyrrell hat mir jahrelang hervorragende Autos zur Verfügung gestellt, wir hatten die besten Mechaniker der Branche.»
Die Menge war 1969 völlig aus dem Häuschen. Stewart: «Wir mussten vor den Fans fliehen und schlossen uns in einem Klo der Rennleitung ein, wir sind von dort aus dem Fenster geklettert und haben uns im Dunlop-Lastwagen versteckt. Aber die Fans haben erneut mitgekriegt, wo wir sind und haben angefangen, wie verrückt am Lkw zu rütteln, es war irre.»
Monza vereint wie keine andere Bahn Höhen und Tiefen. Stewart weiter: «Die schlimmste Erinnerung, das ist, Jochen Rindt im Krankenzimmer zu sehen, tot auf einer Bahre, niemand hat versucht, ihn wiederzubeleben, niemand hat irgend etwas getan. Nur ein Priester ist gekommen, um ihm die letzte Ölung zu geben.»
Jackie Stewart ist als Markenbotschafter von Rolex noch immer regelmässig bei Grands Prix dabei. Die Besten heute für den Schotten: «Hamilton, Alonso, Vettel.»
Die Besten aller Zeiten: «Fangio und dann Clark. Die waren allen anderen überlegen. So richtig vergleichen lassen sich die Fahrer aus den verschiedenen Epochen nicht. Denn die Technik hat sich grundlegend verändert. Aber die Seele eines Racers ist noch immer die gleiche.»