Verwirrspiel zu Ende: Marco Melandri für Ducati!
Marco Melandri kehrt 2017 in die Superbike-WM zurück
Seit dem letzten Frühjahr geisterte im Superbike-Fahrerlager das Gerücht, Marco Melandri werde 2017 den nach bald drei Jahren immer noch sieglosen Davide Giugliano im Ducati-Werksteam ersetzen.
Es folgten Monate mit Dementi, leiser Zustimmung, totaler Ablehnung und Bauchstreichelein. Die Ducati-Topmanager tischten uns jede Woche eine andere Geschichte auf, wer 2017 im Superbike-Werksteam an der Seite von Vizeweltmeister Chaz Davies fahren soll.
Heute die seltsame Wendung.
Marco Melandri teilte Kawasaki-Teamchef Manuel Puccetti mit, dass er nächste Saison nicht für ihn fahren könne, weil er sich mit Ducati geeinigt habe. Lange schien Puccetti Melandris einzige Möglichkeit zu sein, in die Superbike-WM zurückzukehren. Nach seinem Rausschmiss aus Aprilias MotoGP-Werkstem im Juli 2015 wollte den 33-Jährigen kaum Team mehr haben.
MV Agusta hätte ihn für 2016 gerne auf ein zweites Superbike neben Leon Camier gesetzt. Doch dafür wären 400.000 Euro Mehrbudget nötig gewesen, der Hersteller aus Varese ist aber knapp bei Kasse.
Puccetti passte das gut in den Kram. Sein Team führt die Supersport-Weltmeisterschaft mit Kenan Sofuoglu und Randy Krummenacher an, für 2017 wollte er zusätzlich ein Superbike-Team um Melandri herum aufbauen und seinen bekannten Namen nützen, um einen potenten Hauptsponsor anzulocken.
Melandri wurde von Kawasaki schon früh mitgeteilt, dass er kein Werksmaterial wie die Weltmeister Jonathan Rea und Tom Sykes erhalten werden. Diesen Tiefschlag konnte er kaum verdauen.
Spätestens seit dem Assen-GP Ende Juni verhandelte Melandris Manager Alberto Vergani mit Ducati – nun haben sich die Parteien mündlich geeinigt, nur die Unterschrift auf dem Vertrag fehlt noch. Aus Italien ist durchgesickert, Melandri fahre gratis, er würde sogar Sponsorgeld mitbringen.
Ducati hat Chaz Davies eine saftige Gehaltserhöhung verpasst, nachdem der Waliser heftig vom Kawasaki-Werksteam umworben wurde. 2017 wird er mindestens 700.000 Euro verdienen. Ducati sind damit finanziell die Hände gebunden, was den zweiten Fahrer betrifft. Der Hersteller aus Borgo Panigale setzt nächstes Jahr alles auf die Karte Davies.
Falsche Fährte gelegt
Marco Melandri ist ein außergewöhnlich guter Rennfahrer, er wurde in MotoGP und bei den Superbikes Vizeweltmeister, dazu 250er-Champion 2002. Doch dem Italiener fehlt es zuweilen am richtigen Ton gegenüber seinem Arbeitgeber, ihm werden divenhafte Züge und viele Launen nachgesagt.
Trotz 22 Grand-Prix-Siegen und 49 Podestplätze in der Superbike-WM, darunter 19 Siege für Yamaha, BMW und Aprilia, tat er sich schwer, nach seinem Rauswurf aus dem Aprilia-MotoGP-Werksteam Anfang Juli 2015 wieder einen Job zu finden.
Von Ducati gab es lange kein Bekenntnis zu Melandri. Im Gegenteil.
Anfang Mai sagte Ducatis General Manager Gigi Dall’Igna, er habe mit Melandri bei seinem Besuch in Imola über «Gott und die Welt geredet», sie seien «nur alte Freunde». Interesse an seiner Verpflichtung bestehe keines.
Am 9. Juli sagte Ducatis Superbike-Teammanager Serafino Foti auf die Frage, wie wichtig ein Italiener für das Team sei: «Das ist für Ducati egal, wir wollen gewinnen. Es ist nicht wichtig, ob wir einen Italiener oder nicht haben, unser Fokus liegt darauf die Weltmeisterschaft zu gewinnen.»
Wenige Tage später kam erneut die Geschichte auf, Hauptsponsor Aruba wolle einen Italiener an der Seite von Chaz Davies haben. Dabei hatte Firmenchef Stefano Cecconi im Januar 2016 im Exklusivinterview mit SPEEDWEEK.com erklärt: «Das Gerücht mit Marco Melandri stammt aus der Zeit, als wir mit Aprilia verhandelten, vor der Saison 2015. Es war logisch, dass sein Name auf den Tisch kam, weil Marco damals bei Aprilia unter Vertrag stand. Als dieses Thema vom Tisch war, haben wir nie wieder mit Marco geredet.»
Wochenlang hat Ducati ein Verwirrspiel um den zweiten Platz veranstaltet. Eugene Laverty galt als fix, dann kamen Michael van der Mark und Marco Melandri ins Spiel. Laverty lies in Vier-Augen-Gesprächen durchblicken, er habe beste Chancen. Oder mache sich zumindest große Hoffnungen. Ducatis Sportdirektor Paolo Ciabatti merkte an, dass Melandri seit einem Jahr kein Rennen gefahren sei und fast 34 Jahre alt ist.
Gegen einen medienwirksamen Marco Melandri, der auch noch Geld mitbringt, hatte Laverty letztlich keine Chance, Ducati musste zugreifen. Der Nordire versucht nun bei Aspar Ducati im MotoGP-Team zu bleiben, das Milwaukee-Superbike-Team von Shaun Muir hat ebenfalls Interesse an ihm.