Qualifying 2020: Neues Format für mehr Action
Vor der Quali zum China-GP 2018
Wir erinnern uns: Der letzte Versuch, etwas Feuer in das Qualifying zu bringen, scheiterte grandios. 2016 hatte die Formel 1 ein neues Qualifying-Format eingeführt, das für mehr Spannung sorgen sollte, aber am Ende komplett in die Hose ging. Wenige Minuten vor Schluss des Qualifyings in Melbourne: Theoretisch die heisseste Phase des Formel-1-Abschlusstrainings, nun sollte es für die besten Grand-Prix-Fahrer der Welt um alles gehen – wer ist der schnellste Mann im Albert-Park?
Und dann das: Auf der Bahn – niemand. Die Fans trotteten von den Tribünen davon, die meisten schüttelten ungläubig den Kopf darüber, was sie soeben erlebt hatten. Viele fluchten, völlig zu Recht. Die Formel 1 hatte sich wieder mal bis auf die Knochen blamiert. Das neue Quali-Prozedere war ein prima Beispiel für das geflügelte Wort: Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut.
In der Theorie sollte das Ausscheidungsverfahren die Spannung erhöhen und das Überraschungsmoment fördern. In der Praxis waren alle vom Blick auf die herunterzählende Uhr fasziniert, weniger vom Geschehen auf der Bahn. Einige Rennställe schickten ihre Piloten zu spät auf die Bahn und gaben sich damit der Lächerlichkeit preis. Ist es für die angeblich besten Strategen der Branche zu schwierig auszurechnen, wann der eigene Fahrer auf die Bahn muss, um nicht von der Stoppuhr abgefangen zu werden? Jeder Zweitklässler kann das.
Die meisten Formel-1-Piloten hatten sich schon vor dem Flug Richtung Australien ihre Meinung gemacht. Zum neuen Qualifikationsmodus sagten sie praktisch im Chor: «Das ist die Antwort auf eine Frage, die keiner gestellt hatte. Am früheren Quali-Prozedere gab es nichts auszusetzen.»
Das Ausscheidungsverfahren, das dem neuen Format zugrunde liegt, ist im Sport keine Neuheit, um genau zu sein, hat es die Formel 1 abgekupfert: Im Bahnradsport und beim Dirt-Track kennt man dieses Prinzip, bei dem am Ende zwei Fahrer übrigbleiben und um den Triumph kämpfen, seit längerem. In beiden Fällen handelt es sich um Rennen, nicht um ein Qualifikationsverfahren.
Zum Schluss hatten die Formel-1-Piloten aber keine Reifen mehr oder keine Möglichkeit, sich zu verbessern. Also wurde nicht mehr gefahren. Dafür hat doch kein Melbourne-Besucher ein Ticket gekauft.
Ferrari-Star Sebastian Vettel brachte es auf den Punkt: «Jetzt ist die Aufregung gross, aber als das neue Quali-Prozedere angekündigt wurde, haben wir gleich darauf hingewiesen, was passieren würde.»
Derzeit prüft die Formel-1-Führung ein neues Qualifikationsformat für die Saison 2020. Zur Diskussion steht ein zusätzlicher vierter Durchgang. In den drei Abschnitten vorher sollen jeweils vier Piloten ausscheiden, ehe die verbleibenden acht Fahrer um die Pole-Position kämpfen, dabei aber nur einen Versuch haben. Die Denke dahinter: Auch für die Top-Teams soll die Herausforderung gesteigert werden und damit auch die Chancen auf Resultate, die weniger vorhersehbar sind.
Die einzelnen Durchgänge sollen kürzer als bisher sein. Das aktuelle Format sieht vor, dass in den ersten beiden Abschnitten jeweils fünf Fahrer ausscheiden, die letzten zehn Piloten kämpfen um die Pole.
Diese Pläne kursieren seit Herbst 2018, inzwischen sind sie von der so genannten Strategiegruppe und der Arbeitsgruppe Sport ausführlich abgewogen worden. Das Konzept stösst auf Zustimmung, weil ein Pilot mit weniger Zeit auf der Bahn wirklich drei makellose Versuche braucht, um unter die besten Acht vorzustossen.
Angedacht ist auch: Die schnellsten acht Fahrer müssen mit jenem Satz Reifen ins Rennen gehen, mit welchem sie ihre Bestzeit erzielt haben. Bislang gilt: Es sind jene Walzen, mit welchen die zehn Schnellsten in Quali-Segment 2 ihre Bestzeit gefahren haben, die weiteren zehn Fahrer haben freie Reifenwahl. Das neue Modell würde heissen: Die ersten Acht gehen mit einem weichen Reifen ins Rennen und müssen dann verhältnismässig früh frische Pirelli abholen. Das würde die Reihenfolge wunderbar durchmischen.