Laurent Mekies (Ferrari): «Leclerc wie junger Vettel»
Der Franzose Laurent Mekies konnte der Versuchung Ferrari nicht widerstehen. Beim Autoverband FIA war er jahrelang als Nachfolger von Rennchef Charlie Whiting aufgebaut worden, aber dann seilte er sich als neuer Sportdirektor nach Maranello ab. Laurent in der Gazzetta dello Sport zu meinem Kollegen Andrea Cremonesi: «Mir fehlte der Wettbewerb, also habe ich diese neue Herausforderung gerne angenommen. Ich bin ein glücklicher Mensch – denn ich kann meine Leidenschaft ausleben und bekomme dafür sogar Geld.»
Über seine Arbeit sagt der aus Tours im Nordwesten Frankreichs stammende Mekies: «Als Sportchef bringe ich die verschiedenen Abteilungen ein Einklang. Wenn diese Abteilungen wie Zahnräder ineinandergreifen, dann wirkt sich das positiv auf das Ergebnis aus.»
Ein glücklicher Zufall: Als Sebastian Vettel 2008 in Monza sensationell zum ersten Formel-1-Sieg fuhr, stand auch Laurent Mekies in der Toro-Rosso-Box, damals war er Techniker beim Rennstall aus Faenza. Gibt es etwas beim jungen Leclerc, das Mekies an den jungen Vettel von damals erinnert? Laurent meint: «Das offensichtliche Talent jetzt mal beiseite, so erkenne ich in beiden diese rapide Entwicklung. Damals bei Seb hatten wir den Eindruck, dass Vettel alle zwei Rennen wieder einen markanten Schritt nach vorne macht. Bei Charles haben wir den gleichen Eindruck: zwei Rennen, bumm!, und wieder hat sich der Junge gesteigert.»
Wie erlebt Mekies den Deutschen Vettel in dieser Phase der WM? «Seb hat sich 2018 sehr viel Kritik anhören müssen. Aber wenn ich ihn bei der Arbeit sehe, dann erkenne ich einen Mann, der überaus hungrig ist und nicht aufstecken wird, bis er sein Ziel erreicht hat.»
GP-Experten wie Martin Brundle haben bemängelt: Vettel scheint im Zweikampf Rad gegen Rad meist den Kürzeren zu ziehen. Mekies relativiert: «Das hängt immer von verschiedenen Faktoren ab. Wenn du vorne liegst, ist alles leichter. Wenn du hinten liegst, musst du grössere Risiken eingehen. Da gilt nicht nur für einen Piloten, das gilt für das ganze Team. Das gibt es keine psychische Komponente.»
Mekies ist als Sportdirektor auch Chef der Ferrari-Fahrerakademie. Was sagt er über den jungen Mick Schumacher? «Er war in der Formel 3 der beste Mann, also wollten wir ihn haben. Dann gibt es natürlich eine ganz starke emotionale Bindung zwischen Ferrari und der Familie Schumacher.»
«In den letzten Jahren haben es die Besten der Formel 2 in den GP-Sport geschafft. Aber Mick hat in der Formel 2 eben erst begonnen, wir haben keine Eile. Er ist erst im vergangenen Winter zu uns gestossen, hat sich jedoch schnell eingelebt. Wir sind mit seinen Fortschritten zufrieden. Und sein erster Formel-1-Test mit uns in Bahrain ist überaus gut verlaufen.»