Formel 1: Ohrfeige für Gegner von Verstappen

Sebastian Vettel (Ferrari): «Das muss ich gutmachen»

Von Mathias Brunner
Sebastian Vettel in Hockenheim 2018

Sebastian Vettel in Hockenheim 2018

​Es war eine der emotionalsten Szenen der Formel-1-WM 2018: Sebastian Vettel setzte in Hockenheim als Leader seinen Ferrari ins Kiesbett. Der vierfache Weltmeister: «Das muss ich gutmachen.»

Manchmal lohnt es sich, am Boxenfunk der Formel-1-Fahrer Mäuschen zu spielen. Die Reaktion von Sebastian Vettel nach seinem Ausrutscher in der Sachskurve, der seinen ersten Formel-1-Sieg in Hockenheim kostete: «Oh Scheisse, oh-nee – so ’ne Kacke!»

Ein Aufschrei ging durch die Menge: Sebastian Vettel, Ferrari-Star, WM-Leader, Hockenheim-Lokalheld, hatte eben sein Auto in der Sachskurve in die Pistenbegrenzung gesetzt. Nicht hart, aber hart genug. Wir haben damals während des Rennens den Funk des Heppenheimers verfolgt. Vettel hämmerte aufs Lenkrad und schimpfte. Der Ärger war verständlich. Vettel hatte nicht nur den so sehr erhofften ersten Formel-1-Sieg in Hockenheim weggeschmissen, aus einem Acht-Punkte-Vorsprung gegen Hamilton nach dem Sieg in Silverstone war auch ein 17-Punkte-Rückstand geworden. Schlimmer hätte es nicht kommen können.

Dann würgte Vettel noch ins Mikro: «Sorry, guys», bevor seine Stimme in einem Schluchzer endete und er wie ein geprügelter Hund davontrottete. Wäre Vettel eine Comic-Figur, so hätten wir über seinem Kopf eine Wolke gesehen, schwärzer als die Gewitterwolken, die sich über der Region Hockenheim auftürmten.

Vettel brauchte eine kurze Zeit, um sich zu sammeln. Dann trat er vor die Kameras der TV-Anstalten und redete offen über seinen Patzer. Waren die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Ausrutschers vielleicht zu schwierig? «Nein, die profillosen Slicks waren in jenem Moment noch immer die beste Wahl. Meine Reifen waren nicht die frischesten, also hatte ich es schwerer als andere Fahrer. Aber das darf keine Ausrede sein. Ich liess nur ganz kurz ein Vorderrad stehen und schon ging es geradeaus, dann blockierten die Hinterräder, und an diesem Punkt mehr gibt es kein Weg zurück. Es war gewiss nicht der grösste Fehler, den ich in der Formel 1 je gemacht habe, aber es ist bestimmt einer, der mich am teuersten zu stehen kommt. Ich stand im Kiesbett und wusste – hier komme ich nicht mehr heraus.»

Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg tadelte: «Unfassbar, welchen Fehler sich Vettel da geleistet hat. Klar waren die Verhältnisse schwierig. Aber er hatte einen schönen Vorsprung, er hätte es ein wenig ruhiger angehen lassen können, dann setzte er den Wagen neben die Bahn. Ich meine, das ist die Sachskurve! Jeder weiss, dass du dir da keinen Patzer erlauben kannst. Also musst du dort besonders vorsichtig sein, und das war Vettel einfach nicht. Er hat es übertrieben.»

Die Situation von Vettel ein Jahr später: Sebastian ist seit Ende August ohne GP-Sieg, in der laufenden WM liegt er 100 Punkte hinter Leader Lewis Hamilton auf dem vierten Zwischenrang. Ein solcher Rückstand gegen einen fast fehlerfrei fahrenden Engländer bedeutet – titolo, addio. Auch wenn Vettel oft sagt: «Wir geben nie auf, so lange eine mathematische Chance besteht.»

Vor seinem Heimrennen meint Vettel, in Erinnerung an 2018: «Das muss ich gutmachen. Ich freue mich auf Hockenheim. Die Atmosphäre dort ist immer phänomenal, das Publikum fabelhaft. Es ist die pure Freude, die ganzen deutschen Flaggen zu sehen.«

«Was die Piste angeht, so wirkt der Hockenheimring auf den ersten Blick einfach. Besonders der letzte Teil der Strecke im Motodrom macht Laune, auch deshalb, weil er technisch anspruchsvoll ist. Das Stadion-Feeling des Motodroms ist das Highlight der Bahn.»

«Die Kurve nach Start und Ziel ist die vielleicht tückischste. Sie ist sehr schnell, und du bist ratzfatz durch. Du musst sofort ein gutes Gefühl für die richtige Linie entwickeln, damit du eine schnelle Runde schon auf der korrekten Note beginnst.»

Vettels Stallgefährte Charles Leclerc meint: «Wir haben in den vergangenen Wochen Fortschritte erzielt, vor allem im Quali-Trimm. Jetzt müssen wir am Renntempo arbeiten. Das bereitet uns derzeit am meisten Kopfzerbrechen. Mir gefällt der Hockenheimring, weil er eine schöne Kombination verschiedener Kurventypen bietet. Der 2018er Grand Prix war überaus aufregend. Ich hoffe, wir können ein Wörtchen um den Sieg mitreden.»

Da ist sich Teamchef Mattia Binotto nicht zu sicher. Wie üblich bleibt der in Lausanne geborene Italiener eher vage: «Zunächst mal fahren wir hier das Heimrennen von Sebastian, also wollen wir natürlich besonders stark auftreten. Wir haben nicht vergessen, dass uns 2018 der Sieg entgangen ist. Wir haben keine besonderen Verbesserungen im Gepäck, sondern bauen darauf – in Silverstone konnten wir das Wissen über unseren Wagen vertiefen. Darauf wollen wir in Deutschland aufbauen.»

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