Ferrari ohne Sebastian Vettel? Zwei wilde Gerüchte
Sebastian Vettel und Christian Horner
In keinem anderen Sport kursieren mehr Gerüchte als in der Formel 1. Einige angebliche Entwicklungen werden gezielt verbreitet, um Unruhe zu stiften oder einen Gegner zu destabiliseren. Die Medien dafür zu missbrauchen, gehört zum Rüstzeug der hellsten Köpfe in der Königsklasse. Seit Wochen kursieren um Sebastian Vettel die wildesten Spekulationen, angefacht durch anhaltende Sieglösigkeit und eine zu hohe Fehlerquote. Hier die wildesten zwei Gerüchte.
Gerücht 1: Vettel höre zum Saisonschluss 2019 auf. Das hat der Heppenheimer bereits dementiert. «Ich habe nicht vor aufzuhören. Ich habe bei Ferrari eine Mission, und die wollen wir gemeinsam erfüllen.» Will heissen: Den ersten WM-Titel für Maranello an Land ziehen seit Kimi Räikkönen 2007.
Die Gerüchteverbreiter ignorieren, dass Vettel bis Ende 2020 bei Ferrari unter Vertrag ist. Gut, solche Abkommen lassen sich auflösen. Die Gerüchteverbreiter haben auch schon Vettels angeblichen Nachfolger bereit: Daniel Ricciardo. Dass auch der Australier gebunden ist, an Renault, wird unter den Teppich gekehrt.
Gerücht 2: Vettel höre nicht auf, wechsel aber das Team. Jetzt wird es noch wilder – er gehe zu Red Bull Racing zurück. Als Beweis wird das anhaltende gute Verhältnis zwischen Vettel und RBR-Teamchef Christian Horner sowie mit Red-Bull-Chefberater Dr. Helmut Marko ins Feld geführt.
Horner hat sich schon mehrfach dazu geäussert, die Worte sind immer ungefähr die gleichen: «Wenn wir uns auf einen Schwatz treffen, ist das noch lange kein Hinweis darauf, dass wir bald wieder zusammenarbeiten. Meines Wissens ist Sebastian für 2020 unter Vertrag. Es gibt keine Verhandlungen mit Vettel.»
Warum auch? Max Verstappen entwickelt sich prächtig. Gasly hat sich in England schön gesteigert. Und aus Sicht von Sebastian: Warum sollte sich Vettel eigentlich den starken Niederländer als Stallgefährten antun?
Horner meinte zu den Schwierigkeiten von Gasly: «Vielleicht ist der Schritt in ein Top-Team ein wenig früher gekommen als ursprünglich geplant. Und Pierre hat es nicht leicht, an der Seite von Verstappen. Aber wir kennen Gasly lange genug, um sein Potenzial einzuschätzen. Also unterstützen wir ihn voll. Nein, ich glaube nicht, dass sich 2020 bei den Top-Teams überhaupt etwas ändern wird.»
Immer wieder ist von der Fehlerquote von Sebastian Vettel die Rede. Hat er nicht auf der Verfolgung von Lewis Hamilton in Bahrain einen Dreher gezeigt? War nicht sein Fahrfehler in Montreal der Auslöser für die ganze Kontroverse um die strenge Fünfsekundenstrafe? Einer, der genau weiss, wie Sebastian tickt, ist sein früherer Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner. Gegenüber der Press Association Sport sagte der Engländer im Anschluss an den kanadischen WM-Lauf: «Als Sebastian früher für uns gefahren ist, war er an der Spitze eines Rennens ein regelrechtes Metronom. Er war ganz besonders stark als Leader.»
«So wie es aussieht, steckt Sebastian bei Ferrari ordentlich im Dampfkochtopf. Er scheint mehr unter Druck zu stehen als früher, denn er trägt die ganzen Hoffnungen von Ferrari auf seinen Schultern. Aber ich finde: Um das Beste aus den Menschen zu holen, muss man für sie das richtige Umfeld erzeugen.»
Einige Aussagen von Vettel liessen im Juni die sozialen Netzwerke brummen. Ob der vierfache Formel-1-Champion wirklich zwischendurch an Rücktritt denkt? Horner glaubt: «Sebastian trifft seine eigenen Entscheidungen. Ich weiss, welch grosser Anhänger der Rennhistorie er ist, das hat sich in seinen jüngsten Äusserungen gezeigt (als Vettel von der früheren Formel 1 schwärmte, die Redaktion), und bei ihm ist es so wie bei allen anderen Menschen – wenn er etwas gerne macht, dann macht er es auch besser.»
Für Sebastian Vettel hat das Reglement 2021 auch damit zu tun, wie es mit ihm in der Königsklasse weitergeht. Vettel ist nun 32 Jahre alt. Seb in Silverstone: «Natürlich werde ich mir genau ansehen, wie das künftige Reglement aussieht. Ich will sagen können – das sind tolle Rennwagen, wir haben eine aufregende Formel 1.»
«Ich finde es gut, dass wir endlich um unsere Meinung gebeten worden sind, und wir werden auch weiterhin sagen, was Sache ist. Hoffentlich finden wir Mittel und Wege, um eine Formel 1 zu erzeugen, in welcher wir Rad an Rad kämpfen können und in welcher wir alles aus uns herausholen müssen. Dann bleibt die Formel 1 auch eine Herausforderung.»
Wie schneidet der Ferrari von 2019 mit jenem BMW-Sauber ab, mit welchem der blutjunge Vettel 2007 ausrückte? «Was High-Speed-Passagen angeht, so ist die gegenwärtige Formel 1 das Nonplusultra. Aber bei niedrigen Geschwindigkeiten? Ich will nicht behaupten, dass die 2019er Autos unterste Schublade sind, aber Fakt ist – diese Autos sind einfach viel zu schwer. Und so sollte es nicht sein.»
«Als ich in die Formel 1 kam, waren die Autos in jedem Geschwindigkeitsbereich der Hammer. Die Rennen waren echte Sprints. Das war fabelhaft, denn du musstest jede Runde fahren wie im Qualifying. Heute müssen wir mit unseren Reifen viel zu viel haushalten.»
«Mir ist schon klar, dass ein gewisses Mass an Zurückhaltung immer gefragt sein wird. Formel 1, das ist ja nicht nur geschickt lenken und tüchtig Gasgeben, das ist auch Köpfchen, das ist Rennintelligenz, das bedeutet, mit deinen Möglichkeiten geschickt umgehen. Aber letztlich sollte es darum gehen, so schnell als möglich ins Ziel zu kommen und dass am Ende der schnellste Mann gewinnt und nicht jener Pilot, der am materialschonendsten gefahren ist.»