Formel 1: FIA spricht Urteil

Mattia Binotto (Ferrari) zu Regeln 2021: Nun Details

Von Mathias Brunner
​FIA und Formula One Management (FOM) haben gezeigt, wie die Formel 1 ab 2021 aussehen soll. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto bezeichnet die neuen Vorschriften als jung und entwicklungsfähig.

Die 2021 Regeln sind da. Es gibt in gewissen Punkten noch Bedenken, aber die Stimmung im Fahrerlager des Circuit of the Americas lautet – die Grundrichtung stimmt. Ein grosser Stolperstein war immer Ferrari. Die Italiener besitzen als einziger Rennstall ein Veto-Recht, wenn es um die Einführung neuer Regeln geht. Bei der Abstimmung des FIA-Weltrats hatte Ferrari als einziges GP-Team ein Stimmrecht. Sie haben den 2021er Regeln zugestimmt.

Mattia Binotto: «Als Teil des Weltrats haben wir Ja gesagt zu den neuen Regeln. Wir glauben, dass der richtige Moment gekommen ist für einen Neuanfang. Der Sport muss finanziell gesunden, das muss jedem klar sein. Das ist eine gute Ausgangslage, nun geht es um Details.

Aber Mattia Binotto sagt auch: «Die Feinarbeit neuer Regeln ist ein fast nicht enden wollender Prozess. Dieses Regelwerk ist noch sehr jung, nun geht es um Feinarbeit zwischen der Formel 1 und den Teams.»

Mattia Binotto zum umstrittenen Einspracherecht: «Es stimmt, wir haben dieses Veto-Recht, aber es wäre jammerschade, wenn wir es einsetzen müssten. Das war nie unsere Absicht. Wir haben glasklar gemacht, dass gewisse Dinge für uns heilig sind – wie etwa Freiheiten bei der Entwicklung, und das trifft ganz besonders auf die Aerodynamik zu.»

Die Frage taucht unter den Fans immer wieder auf: Wie kam es eigentlich zu dieser Extrawurst für Ferrari?

Im November 2015 erklärte der frühere Ferrari-Rennchef und heutige FIA-Präsident Jean Todt in einer Medienrunde im Rahmen des Mexiko-GP: «Das geht auf die 80er Jahre zurück, als das so genannte Concorde-Abkommen entstand (gewissermassen die Formel-1-Verfassung, welche die sportlichen und finanziellen Verbindungen zwischen FIA, Formula One Management und den Rennställen regelt, M.B.). Enzo Ferrari fühlte sich in Maranello gegen die ganzen englischen Teams isoliert. Keiner sollte überdies vergessen, dass Ferrari damals das einzige Team war, welches das komplette Auto selber gebaut hat. Ferrari forderte eine Art Schutz. Die FIA hat ihm dies zugesichert. Seither ist dieses Veto-Recht immer aufrechterhalten worden. Als ich dann Präsident wurde, habe ich zur Frage gestellt, ob das noch zeitgemäss sei. Der damalige Serien-Promoter Bernie Ecclestone war dafür, dass Ferrari dieses Recht behält. Und die anderen Teams haben zugestimmt.»

Das Veto-Recht von Ferrari gegen Formel-1-Änderungen war ein derart gut gehütetes Geheimnis, dass selbst der damalige Teamchef Ross Brawn erst nach Jahren bei der Scuderia davon erfahren hat! Erst Ende 2005 – acht Jahre nach seinem Stellenantritt in Maranello – erfuhr er von diesem Privileg, wie er in seinem Buch «Total Competition» erklärt hat.

Darin erzählt Brawn, dass er jahrlang nichts vom Veto-Recht wusste, als er etwa gegen eine Regeländerung ankämpfte, die keine Reifenwechsel während der Rennen mehr erlaubte. Brawn war überzeugt, dass diese Anpassung nur vorgenommen werden sollte, um die Ferrari-Bridgestone-Dominanz von Michael Schumacher zu brechen. «Ich wusste damals nicht, dass wir ein Veto-Recht hatten. Wir haben nie Gebrauch davon gemacht, und ich glaube nicht, dass Jean Todt das jemals in Erwägung gezogen hat – denn wir wussten, dass es im Kern falsch war.»

Jean Todt sagte in Mexiko einen wichtigen Satz: «Ein Veto-Recht ist wie eine Schusswaffe. Man sollte sehr vorsichtig damit sein, wie man sie einsetzt.»


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