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Aldo Costa: «Ferrari anders unter Druck als Mercedes»

Von Rob La Salle
​Der langjährige Ferrari- und Mercedes-Techniker Aldo Costa (58) ist nach Italien zurückgekehrt und wird technischer Direktor von Dallara. Er spricht über die Erwartungshaltung gegenüber Ferrari und Mercedes.

Nachdem der 58jährige Aldo Costa 2018 die Rolle des Mercedes-Chefingenieurs abgegeben hatte, um etwas kürzer zu treten, stand der Italiener dem Rennstall der Sternmarke als Berater zur Seite. Gleichzeitig nutzte er die Gelegenheit, um mehr Zeit mit seiner Familie in Italien zu verbringen. 2020 übernimmt er den Posten des technischen Direktors beim Rennwagenhersteller Dallara.

Seine neue Rolle als «Chief Technical Officer» von Dallara bietet dem Ingenieur die Möglichkeit, seine Karriere näher an seiner Heimat fortzusetzen, an einer bemerkenswerten Breite an Renn- und Automobilprojekten zu arbeiten und die nächste Generation italienischer Ingenieurs-Talente zu fördern – ein Ansatz, den er bereits während seiner Zeit bei Mercedes aktiv vorangetrieben hat. Seine Beratertätigkeit für die Sternmarke endet damit bereits Ende September.

Aldo Costa war Technikchef bei Ferrari, als die Italiener vorderhand letztmals einen Fahrer-WM-Titel gewannen, das war 2007 mit Kimi Räikkönen, verdammt lang her. Aber Costa ist überzeugt davon, dass Ferrari alle Ressourcen besitzt, um wieder einen Titel zu erobern, wie er gegenüber den Kollegen von Automoto betont. Da spricht der zurückhaltende Ingenieur aus Parma auch über den unterschiedlichen Druck, den er bei Ferrari und bei Mercedes spürte.

«Als ich 2012 zu Mercedes kam, merkte ich schnell, dass dort eine ganz andere Atmosphäre herrscht – sehr pragmatisch und anpassungsfähig, da war nichts zu spüren von Politik und Drama. Bei Mercedes wird alles daran gesetzt, dass sich die Mitarbeiter auf ihren verschiedenen Posten so gut als möglich entfalten können.»

Natürlich unterstellen diese Worte, dass all dies bei Ferrari eben nicht passiert. Costa weiter: «Bei Ferrari bist du unter ständiger Beobachtung. Die Medien machen Druck, die Tifosi machen Druck, die Aktionäre machen Druck, der Barista macht Druck, bei dem du am Morgen einen Espresso trinkst.»

Der frühere Ferrari-Ingenieur Andrea Stella ist ähnlicher Ansicht. Der heutige McLaren-Mitarbeiter meint: «Es mangelt Ferrari an nichts, was den Kampf um die WM angeht. Nichts, was die Engländer haben, würde in Italien fehlen in Sachen Material oder Know-how der Menschen oder Arbeitsweise des Rennstalls.»

«Der grosse Unterschied für mich ist: In England ist die Formel 1 ein Job. Gewiss, den nehmen sie überaus ernst, aber es ist ein Job. In Italien verfolgt dich dein Job gewissermassen. Wenn du das Büro verlässt, dann lässt du die Arbeit nicht hinter dir. Du gehst in eine Bar oder ein Restaurant, und der Kellner will wissen, wann Ferrari wieder gewinnt. Am Morgen öffnest du die Zeitung, und du findest immer Artikel über Ferrari. Für mich ist es nur eine Frage der Zeit, bis Ferrari wieder Weltmeister wird. Aber weil das eben ein ums andere Mal nicht klappen will, ist der Druck enorm.»

Costa freut sich nun auf die neue Aufgabe: «Seit ich von meinem Posten als Engineering Director zurückgetreten bin, habe ich das Team mit viel Freude während dieser Saison unterstützt und gleichzeitig nach meiner nächsten Herausforderung ausserhalb der Formel 1 Ausschau gehalten. Nach vielen Jahren in der Königsklasse des Motorsports bin ich gespannt darauf, einige meiner Erfahrungen in anderen Rennserien und für High-Performance-Automobilprojekte abseits des Rennsports einzusetzen.»

«Ich erinnere mich noch daran, wie ich mich zu Beginn meiner Karriere bei Giampaolo beworben habe. Damals gab es keine freie Stelle, aber er konnte mir einige Türen in der Branche öffnen», erzählt der Italiener. «Jetzt, viele Jahre später, fühlt es sich so an, als ob sich der Kreis für mich schliessen würde. Ich bin unheimlich stolz darauf, mich dieser ikonischen italienischen Rennwagen-Schmiede anzuschliessen.»

«Junge Talente zu fördern gehört zu meinen Leidenschaften», betont Costa, und fügt an. «Deshalb wird es in den kommenden Jahren auch zu meinen Aufgaben gehören, die kommenden Generationen an italienischen Ingenieurs-Talenten bei Dallara zu entdecken. Es war ein aussergewöhnliches Privileg, Teil der Entwicklung und der Erfolge dieses Teams gewesen zu sein. Wir konnten eine unglaublich starke Gruppe zusammenstellen, um die Herausforderungen der Zukunft anzugehen.»

Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff lobte: «Aldo war einer der Eckpfeiler unseres Teams, seit er sich unserem Team im Jahr 2011 angeschlossen hat. Er verlässt uns nun mit der gleichen Würde und Professionalität, die ihn in seinen vielen Jahren bei uns ausgezeichnet hat. Aldos Leidenschaft für den Rennsport brennt noch immer lichterloh – sowohl im Ingenieursbüro als auch manchmal noch im Cockpit.»

«Er wollte nach Italien zurückkehren, um dort mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen. Gleichzeitig besitzt er noch immer wahnsinnig viel Energie und so viel Fachwissen, das er zur Motorsport-Welt beisteuern kann. Seine neue Rolle bei Dallara ist eine fantastische Gelegenheit für ihn und ich bin froh, dass er einen so erfüllenden Posten gefunden hat. Auf diese Weise kann er seine Karriere weiterverfolgen und mit seinem Wissen auf beinahe jeder Stufe im weltweiten Motorsport etwas bewirken. Im Namen aller bei Mercedes möchte ich ihm viel Glück und Erfolg für das nächste Kapitel in seiner Laufbahn wünschen», fügt der Wiener an.

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