Toto Wolff (Mercedes): «Auf den Geraden zu langsam!»
Teamchef Toto Wolff (Mitte) mit Nico Rosberg
Die Stimmung ist gut im Lager der Silbernen. Kein Wunder – Lewis Hamilton hat die Gegner im Abschlusstraining zum Grossen Preis von Australien in Grund und Boden gestampft, nur Nico Rosberg konnte da noch mithalten.
Während Motorsport-Renndirektor Toto Wolff mit den Journalisten spricht, hat sich im Hintergrund Lewis Hamilton herangeschlichen. Als in die Runde geworfen wird, wer die nächste Frage habe, ruft Lewis: «Lewis Hamilton von der „Daily Mail“: Was gibt es Neues in Sachen Vertrag?»
Das Gelächter ist gross.
Toto Wolff antwortet auf den Scherz von Hamilton: «Noch nichts Neues zu berichten.»
Lewis, nicht mundfaul: «Nach der heutigen tollen Leistung von Lewis Hamilton, denken Sie da nicht an eine Gehaltserhöhung für ihn?»
Dann trollt sich Hamilton.
Toto Wolff grinst: «Ihr seht, er ist gut drauf. Er hat es nach dem WM-Titel geschafft, den Neustart-Knopf zu drücken und ist so hungrig wie zuvor. Seine Leistung heute zeigt, mit welcher Einstellung er an die Arbeit geht.»
Der Wiener Wolff ist mit dem Training sichtlich zufrieden: «Es ist besser gelaufen als ich erwartet habe. Das liegt zum einen daran, dass unser Auto sehr stark ist. Und andererseits liegt es daran, das Lewis gleich zwei Mal hintereinander eine phänomenale Runde gelungen ist. Als Ergebnis dieser beiden Faktoren sehen wir einen beträchtlichen Vorsprung auf die Konkurrenz.»
Wieso aber der Rückstand von Nico Rosberg von stattlichen sechs Zehntelsekunden? Toto Wolff sagt: «Mir hat Nico erklärt, dass es seine Schuld war. Er anerkennt, dass Hamilton ganz stark gefahren ist. Er sagt aber auch, dass er selber es einfach nicht geschafft hat, alle Elemente einer schnellen Runden zusammenzufügen. Im ersten Sturmlauf leistete er sich einen Schnitzer und kam gleich wieder an die Box. Im zweiten Lauf waren die Reifen im ersten Sektor nicht richtig auf Temperatur, da allein hat er schon viereinhalb Zehntel liegen lassen. Im letzten Sektor fuhr er auf dem Niveau von Lewis. Wir merken also: im Grunde kann auch er mit der Zeit von Lewis mithalten.»
Die Gegner argwöhnen: Mercedes hochüberlegen, da haben die doch sicher noch gar nicht das volle Potenzial abgerufen. Toto Wolff schüttelt jedoch den Kopf: «Wir sind volle Pulle gefahren. Es funktioniert in der Formel 1 nicht, etwas in der Hinterhand behalten zu wollen. Da kommst du gar nicht in den richtigen Rhythmus hinein, und du verstehst auch dein Auto nicht, wie es am Limit arbeitet. Wenn wir die Daten herzeigen würden, wäre es klar, dass wir voll fahren.»
Spricht eigentlich noch jemand davon, dass die Turbo-Formel 1 zu langsam sei? Toto Wolff klärt auf: «Die schnellste Formel-1-Rundenzeit hier im Albert Park ist eine 1:24,5 von Michael Schumacher im Ferrari mit Brigestone-Reifen. Das war 2004 und mit dem V10-Motor. Mit der V8-Motorengeneration lag die Bestzeit bei rund 1:25,0. Und heute fährt Lewis 1:26,3 mit einem V6-Turbo, mit massiv weniger Sprit, mit massiv weniger Abtrieb. Das zeigt, welchen Fortschritt wir mit diesen Autos gemacht haben.»
Die Gegner kratzen sich ein wenig am Kopf. Wo nur holt der Silberpfeil diese Zeit heraus? Toto Wolff beginnt damit, wo Mercedes noch zulegen muss: «Wir sehen auf den Geraden ein Defizit gemessen an den Williams und den Ferrari, das beträgt zwischen 10 und 12 km/h. Offenbar sind ihre Autos windschlüpfiger. Das wiederum könnte an unserer Flügeleinstellung liegen, denn wir gewinnen am meisten in den mittelschnellen und schnellen Kurven. Das scheint die Stärke unseres Autos zu sein, so wie es früher die Stärke der Autos von Red Bull Racing war. Da holen wir die Zeit.»