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James Allison (Ferrari): WM-Titel wie mit Schumacher

Von Mathias Brunner
James Allison

James Allison

Die italienischen Medien sind gnadenlos. Kimi Räikkönen wird für 2016 weggeschrieben, ferner wird ein Schuldiger gesucht, weil auf den Sieg in Malaysia zu wenig Fortschritt folgte.

Mit dem WM-Titel wird es dieses Jahr wohl nichts für Ferrari. Ganz im Gegenteil, denn am Silverstone-GP-Wochenende war wieder Williams zweite Kraft hinter Mercedes, nicht mehr Ferrari. In Italien werden nicht erst seither Gründe für die Stagnation gesucht, die Medien machen Druck auf die Kessel – für sie gibt es seit dem Sieg von Sebastian Vettel in Malaysia zu wenig Fortschritt. Die Lücke zu Mercedes sollte geschlossen werden, statt dessen ärgert sich Ferrari nun wieder mit Williams herum.

Seit dem Grossen Preis von Kanada fährt Williams – schon zum Ende der Saison 2014 die Nummer 2 hinter Mercedes – auf Augenhöhe mit Ferrari. Hinter dem bisherigen und kommenden Markenweltmeister Mercedes-Benz (371 Punkte) folgen Ferrari mit 211 Zählern und Williams-Mercedes mit 151 Punkten. In Italien wird wild spekuliert, wo die Gründe für die Stagnation herrühren könnten. Der zum Rennen in Montreal hin verbesserte Motor habe nicht entscheidend geholfen, um auf das Niveau der Mercedes-Antriebseinheiten zu gelangen. Die zahlreichen aerodynamischen Verbesserungen seien keine Volltreffer wie am Mercedes oder bei Williams. Aus dem Lager von Weltmeister Mercedes wurde kommentiert: «Wir setzen auf Qualität, nicht auf Quantität.»

Doch Sky-Formel-1-Experte Marc Surer nimmt im Gespräch mit SPEEDWEEK.com Ferrari in Schutz, für ihn liegt es nicht an der Entwicklung: «Es fällt mir auf, dass Ferrari immer dann weniger konkurrenzfähig ist, wenn die harten Reifen verwendet werden. Das haben wir in Barcelona gesehen und nun wieder in Silverstone – mit diesen Walzen fährt Ferrari unter ihrem eigentlichen Niveau. Ferrari bringt besonders bei etwas kühleren Bedingungen diese Reifen nicht oder nur schleppend zum Funktionieren. In Österreich ist zwar mit anderen Reifenmischungen gefahren worden, aber da war es am Sonntag für den Geschmack des Ferrari einfach zu kühl. Ferrari hat bei harten Reifen nur dann einen Vorteil, wenn die Temperaturen hoch sind und diese Walzen an anderen Autos zu überhitzen beginnen – siehe Sieg in Malaysia.»

Wie oft in den italienischen Medien wird bereits ein Sündenbock gesucht, und erste Stimmen werden laut, ob Technikchef James Allison wirklich der grosse Heilsbringer sei.

Aber der Engländer hat deswegen keine schlaflosen Nächte. Im Gespräch mit den Kollegen der «Autosprint» sagt der 47-Jährige zu Wechselgerüchten: «Zunächst einmal habe ich einen Vertrag, der mich auf Jahre hinaus an diese Firma bindet. Ich bin zu Ferrari zurückgekommen, weil ich mit Ferrari wieder siegen will – ein einzigartiges Gefühl in der Welt. Ich habe Ferrari als junger Ingenieur kennenlernen dürfen, das war eine irre Erfahrung, diese fünf Titel von Michael Schumacher in Folge. Es ist für mich eine Herzensangelegenheit, Ferrari wieder zurück zum Erfolg zu führen. Ich will hier bleiben, bis ich meine Arbeit abgeschlossen habe, und wenn Ferrari das Gleiche will, dann wäre ich sehr zufrieden.»

«Druck gibt es in diesem Geschäft immer, die lastet nicht nur auf meinen Schultern, sondern auf jenen aller Techniker. Bei dieser Arbeit lässt sich nichts verbergen – wenn der Wagen zu wenig schnell ist, dann ist das offensichtlich. Aber ich habe Druck immer als etwas Positives empfunden, weil er dich zwingt, dein Bestes zu geben und dich weiter zu verbessern.»

Für Allison ist die Zwischenbilanz ungefähr bei Halbzeit der Formel-1-Saison «positiv. Klar ruhen wir nicht, bis wir weiter gewonnen haben, bis wir ein Auto haben, das in jedem Rennen siegen kann und auf das wir stolz sein dürfen. Aber wir sind aus einer Ausgangsposition heraus gewachsen, die nicht eben die beste war. Wir haben grosse Fortschritte erreicht, aber eben noch nicht genug.»

Die sofortige Kritik nach einigen wenigen Rennen, die für Ferrari eben nicht so gut verlaufen sind, die ist für den Briten «ganz normal, daran sind wir gewöhnt. Wir haben ein Team mit tollen Piloten, mit einem stattlichen Budget, mit hervorragenden Arbeitsinstrumenten, dann gibt es eben keine Ausreden, wenn man nicht gewinnt. Wer bei Ferrari arbeitet, der weiss, welche Erwartungshaltung er schultert. Das war immer so, und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.»

Allison ist auch der Meinung, dass der Sieg von Vettel in Sepang «vielleicht zu früh kam, ganz sicher jedenfalls, was die Erwartungshaltung der Tifosi angeht. Aber wir konnten ja schlecht auf den Sieg verzichten. Malaysia war für uns eine enorme Freude, nun können es alle kaum erwarten, diesen Erfolg zu wiederholen. Wir sind seit Beginn des Jahres 1,5 Sekunden pro Runde schneller geworden, wir konnten den Abstand zu Mercedes verringern. Aber im Juni haben die Mercedes-Teams ihrerseits einen Sprung nach vorne getan, also ist die Lücke wieder ein wenig grösser geworden. Aber ich glaube fest daran – in der zweiten Saisonhälfte werden wir stärker sein als Williams und den Rückstand auf Mercedes verringern.»

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