Reifenplatzer Pirelli: Fahrer-Streik beim Monza-GP?
Sebastian Vettel kommt mit kaputtem Hinterreifen zur Box zurück
Das Internet ist Brutherd der abstrusesten Verschwörungstheorien: So kursiert derzeit im Internet – falls die Grand-Prix-Fahrer von Formel-1-Alleinausrüster Pirelli keine befriedigende Erklärung erhielten, was bei den Reifenschäden am Silberpfeil von Nico Rosberg (Training zum Belgien-GP) und am Ferrari von Sebastian Vettel (im Rennen) geschehen sei, dann würden sie als geschlossene Einheit der Fahrervereinigung GPDA in Monza nicht fahren. Immerhin verwende man in Italien die exakt gleichen Reifen, nicht nur was die Konstruktion betrifft, sondern auch die Mischungen (die mittelharte, weiss gekennzeichnet, und die weiche, mit gelb markierter Flanke).
Gestützt wird die Boykott-Theorie durch die Logik: Es würde nicht reichen, von Pirelli einfach gesagt zu bekommen, äussere Umstände hätten zu Schnittverletzungen der Mailänder Walzen geführt und das habe zu den explosionsartigen Schäden geführt. Und genau dies werde Pirelli in Monza verkünden.
Fahrer und Teams könnten mit Unmut reagieren, falls Pirelli zurückkrebsen müsse. Nach dem Belgien-GP in Spa-Francorchamps und dem Reifenplatzer kurz vor Schluss am Ferrari von Vettel hatte Pirelli dem Rennstall unterstellt, mit einer Einstoppstrategie ein zu hohes Risiko eingegangen zu sein. Ferrari wiederum beteuert, man habe die Möglichkeiten einer solchen Strategie sorgsam erarbeitet, auch in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Pirelli-Techniker (jedem Team ist ein solcher Ingenieure zugeteilt). Hier steht bisher also Meinung gegen Meinung.
Die Streik-Theorie hat drei entscheidende Fehler.
Fehler 1: Noch wissen wir gar nicht im Detail, was Pirelli in Monza genau verkünden wird. Aus Italien sickerte lediglich durch: trotz wiederholter Simulationen kam es nie zu einem erneuten Reifenschaden wie bei Vettel. Viele Reifen (über die genaue Anzahl gehen die Informationen auseinander), die nach dem Belgien-Wochenende untersucht worden seien, wiesen Schnittverletzungen auf.
Fehler 2: Die Rennställe sind zur Teilnahme an einem GP-Wochenende verpflichtet, die Fahrer wiederum haben vertragliche Verpflichtungen ihren Teams gegenüber.
Fehler 3: Haben die Verschwörungsspezialisten auch mal einen Piloten um ihre Meinung gefragt? Alexander Wurz, seit Oktober vergangenen Jahres Präsident der GPDA, sagt nämlich: «In der Formel 1 verläuft die Entwicklung rasant. Es gibt einen feine Balance zwischen Leistungsfähigkeit und Sicherheit, das ist uns allen bewusst, wenn wir einsteigen. Solche Dinge sind auch nicht nur Pirelli passiert, das kam bei anderen Reifenherstellern auch vor. Wir sagen einfach: Wenn ein Reifen sich dem Ende seiner geplanten Laufzeit nähert, darf das nicht in Form einer explosionsartigen Laufflächenablösung passieren. Wenn dann etwas geschieht, so müssen wir uns zusammen hinsetzen und das Problem mit einer konstruktiven Dikussion angehen. Von einem Boykott sind wir weit entfernt.»