Formel 1: Geht McLaren gegen FIA vor?

Siegerzeremonie Formel 1: Carmen gewinnt immer

Von Mathias Brunner
Sebastian Vettel hat Carmen bereits dutzendfach gehört

Sebastian Vettel hat Carmen bereits dutzendfach gehört

​In der Formel 1 ist so gut wie alles reglementiert, auch, welche Musik auf dem Siegerpodest gespielt wird. Dabei bleibt ein Podestbesucher immer unsichtbar: Carmen – die Ouvertüre von Georges Bizets Oper.

Eine Formel-1-Siegerzeremonie soll ausgelassen sein, mit müden, aber glücklichen Rennfahrern, aber beim Ablauf kennen die Machthaber keinen Spass.

Nach exakt gleichem Prozedere werden die ersten Drei eines Rennens nach draussen gebeten, dann wird immer zuerst die Landeshymne des siegreichen Piloten gespielt, anschliessend jene des siegreichen Konstrukteurs. Dabei richten sich die Organisatoren übrigens nach der abgegebenen Nennung. Obschon beispielsweise Red Bull Racing Sitz in Milton Keynes hat, wird die österreichische Hymne gespielt, für Besitzer Red Bull – wie letztmals in Malaysia 2016 nach dem Sieg von Daniel Ricciardo.

Die Pokalübergabe durch Prominenz aus Politik, Sportverbänden oder Show (in dieser Reihenfolge von Wichtigkeit) folgt (achten Sie mal darauf, die Namen der Blazerträger werden immer genannt und eingeblendet), bis die Piloten endlich zum fröhlichen Teil kommen und Schaumwein verspritzen dürfen – Champagner ist es bekanntlich keiner mehr, weil das Abkommen mit Mumm abgelaufen ist und Chandon nun mal nicht aus dem Gebiet der Champagne stammt (ja, es ist ein wenig pingelig, aber Ordnung muss sein).

Nach der Pokalübergabe wird dann zum Schaumweinverspritzen stets das gleiche Lied eingespielt, seit vielen Jahren, und immer wieder werden wir nicht nur zur Zeremonie an sich befragt, sondern unvermeidlich kommt auch: Was genau erklingt da jeweils? Es handelt sich um das schwungvolle Intro von Georges Bizets Oper Carmen.

Warum Carmen, fragen Sie? Weil die Ouvertüre dem langjährigen Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone gefiel und weil sie thematisch gut passt – Situationen in der (Stierkampf-)Arena, der Jubel der Menge, der Ruhm der Kämpfer nach einem Sieg, klingt schon nach Formel 1, finden Sie nicht? Wir haben schliesslich sogar einen Red Bull.

Das Lustige an der Zeremonie ist, dass früher so Einiges schiefgelaufen ist.

Die Chinesen legten 2009 am «Shanghai International Circuit» nach dem Doppelsieg von Sebastian Vettel und Mark Webber die deutsche Hymne für den Heppenheimer auf und dann «God Save the Queen» für das Team. Doch obschon Red Bull Racing in Milton Keynes (England) zuhause ist, hätte gemäss den Besitzverhältnissen die österreichische Hymne erklingen sollen (es wäre das erste Mal gewesen seit dem GP-Sieg von Gerhard Berger in Hockenheim 1997). Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko sagte damals nach dem China-GP: «Wir haben eine österreichische Lizenz, also wurde die falsche Hymne gespielt. Vielleicht hatten sie ja keine.»

Es gibt dazu einen legendären Präzedenzfall. Nachdem der unvergleichliche Tazio Nuvolari auf dem Nürburgring 1935 die favorisierten deutschen Teams geschlagen hatte, waren die Veranstalter blamiert und ratlos. Sie hatten keine Schallplatte mit der italienischen Nationalhymne bereitgelegt, denn alle hatten mit einem deutschen Erfolg gerechnet. Der Legende zufolge half Nuvolari mit einer eigenen Platte aus, die er nicht ganz zufällig mitführte ...

Solche Fehler sind in der Neuzeit üblicher als wir erwartet hätten: 1999 wurde in Melbourne nach dem Sieg von Eddie Irvine die irische Hymne gespielt, doch Irvine stammt aus Nordirland, das zu Grossbritannien gehört

Und in Belgien 1998 wurde zwar für Sieger Damon Hill richtigerweise «God Save the Queen» gespielt, nicht aber für den siegreichen Konstrukteur Eddie Jordan, denn der ist Irländer, und er hatte sein Team – obschon in Silverstone ansässig – über den irischen Motorsportverband bei der FIA für die Formel-1-WM angemeldet. Eddie Jordan beschwerte sich später schriftlich und erhielt eine Entschuldigung. Gemäss des damaligen Teamchefs konnten die Belgier damals die irische Hymne einfach nicht finden.

Was uns auch gut gefällt: Als Alan Jones 1977 auf dem Österreichring seinen ersten Grand Prix gewann (drei Jahre später wurde er auf Williams Weltmeister), da hatten die Veranstalter keine Nationalhymne aus Australien zur Hand. Jones erzählt noch heute, dass ein offensichtlich besoffener Trompeter anstelle der Hymne für ihn «Happy Birthday» gespielt habe und das in fragwürdiger Tonlage.

Falls Sie nicht bis kommenden Sonntag warten wollen – den Beginn von Carmen hören Sie hier:

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