Vorwürfe von Renault: Ist das noch echte Formel 1?
Renault-Teamchef Cyril Abiteboul (ganz links): Sorgenvoller Blick auf die Technik
Die Formel-1-Kommission hat überraschend Änderungen zugestimmt, welche den GP-Sport ab 2019 attraktiver machen werden. Obschon einige Rennställe dagegen waren, werden für 2019 die Frontflügel vereinfacht und die Wirkung des verstellbaren Heckflügels verstärkt. Diese beiden Massnahmen sollen dazu führen, dass es Verfolgern leichter fällt, sich an den Vordermann anzusaugen und einen vielversprechenden Angriff zu starten.
Mercedes beispielsweise war zunächst gegen eine solche Änderung, danach auf einmal dafür. Wieso? Teamchef Toto Wolff im Rahmen des Spanien-GP-Wochenendes: «Wir fanden einfach, als gegenwärtiger Weltmeister wollen wir nicht zu allen Vorschlägen immer nur nein sagen. Eigentlich wollten wir diese Änderungen nicht, das ist wahr. Intern lautete es ungefähr 60:40 dagegen. Aber dann haben wir erkannt, dass die Forschung der FIA in Sachen Flügel und Auswirkungen korrekt und solide ist. Das hat uns dazu bewogen, die Meinung zu ändern.»
Die Formel 1 befindet sich am Scheideweg. Es muss eine gesunde Balance zwischen Spektakel und Wettbewerb gefunden werden. Die Formel 1 soll durch packenden Sport fesseln, aber Überholmanöver dürfen nicht künstlich werden. Die Fans sollen durch Spitzentechnik fasziniert werden, aber die Kosten dürfen nicht ausufern.
Renault-Teamchef Cyril Abiteboul auf die Frage, was für ihn Formel 1 bedeute: «Wir dürfen das alles nicht einfach vermengen. Die Lebensdauer eines Motors, die Haltbarkeit von Reifen, die Art des Kraftstoffs, das sind für mich keine Bestandteile des Formel-1-Erbguts. Das sollte zu anderen Rennkategorien gehören. In Le Mans etwa sollte es um die Standfestigkeit der Autos gehen, der GP-Sport aber, das sollten immer Sprintrennen bleiben, volle Kanne vom Erlöschen der Startampel bis zur karierten Flagge.»
«Wir haben uns bei der Sitzung um die Aerodynamik für 2019 gekümmert, aber wichtige Themen sind unberührt geblieben. Wir haben nicht über Reifen gesprochen. Und für mich gehört Spritsparen überhaupt nicht zur DNA der Formel 1. Wir sind gegen jede Begrenzung des Kraftstoffverbrauchs. Die Diskussion um das Spritlimit von 110 Kilogramm ist ohnehin scheinheilig. Da wird von einigen die Grenze moniert, dabei liegen sie locker darunter.»
Der 40jährige Pariser Abiteboul weiter: «Die Formel 1 muss sich darüber im Klaren sein, was sie für die Fans repräsentieren und wohin sie sich bewegen soll. Mit der Hybridtechnik sollte der Formel 1 ein zeitgemässer Wind eingehaucht werden, aber ich verstehe nicht, was die wahre Botschaft sein soll.»
«Bei den Reifen ist das anders. Mir ist klar, dass mit einem gezielten Abbau die Rennen spannender werden sollen, am besten mit zwei Reifenwechseln für jeden Fahrer. Aber wozu soll es dienen, wenn die Fahrer Sprit sparen müssen? Wir haben ein sehr gutes Sprichwort, das für mich in der Formel 1 zutrifft – man sollte nie etwas reparieren, das gar nicht kaputt ist.»