Formel 1: Böser Verdacht gegen Red Bull Racing

Sebastian Vettel gegen Lewis Hamilton: Das Urteil

Von Rob La Salle
Martin Brundle mit Lewis Hamilton und Sebastian Vettel

Martin Brundle mit Lewis Hamilton und Sebastian Vettel

Zum zweiten Mal in Folge hat Ferrari-Star Sebastian Vettel gegen Lewis Hamilton den Kürzeren gezogen. Für den englischen Sky-GP-Experten Martin Brundle war es eine Niederlage mit Ansage.

Die Saison 2018 war ein Abziehbild des Vorjahres: Weltmeister Lewis Hamilton im Silberpfeil von Mercedes, Sebastian Vettel im Ferrari nur auf WM-Rang 2, die Tifosi natürlich enttäuscht. Für Martin Brundle zeichnete sich im Sommer ab, was auf uns zukommt, wie der 59jährige Formel-1-Experte der britischen Sky erklärt.

«Lewis ist in diesem Jahr einfach überragend gefahren, und es macht den Anschein als würde der Kerl immer besser», so der 158fache GP-Teilnehmer Brundle. «Hamilton hat es geschafft, alle Zutaten zu einem perfekten Gericht zu vereinen – Erfahrung, Geschwindigkeit, Fitness, Mut, Technikwissen, Geduld, Politik. Der richtige Mann hat die Fahrer-WM gewonnen. Klar sagen die Leute: Er hat ja auch das beste Auto. Aber das hatte 2018 auch Valtteri Bottas oder zuvor Nico Rosberg. Lewis ist anhaltend der Fahrer, den es zu schlagen gilt.»

Brundle, Sportwagen-Weltmeister des Jahres 1988, weiter: «Valtteri Bottas macht nicht viele Fehler und ist ein vertrauenswürdiger Fahrer, aber er ist psychisch angeschlagen; teilweise aufgrund von Lewis’ hohem, kontantem Speed, aber auch deshalb, weil der Finne in Russland einen sicher scheinenden Sieg preisgeben musste und er in Baku einen Erfolg wegen eines platten Reifens verlor. Er musste im Sommer die Rolle des Wasserträgers übernehmen.»

«Bottas kann von Glück reden, nochmals eine Chance zu bekommen. Ich muss annehmen: Wäre Toto Wolff vor einigen Monaten so schlau gewesen wie heute, hätte er ernsthaft eine Beförderung von Esteban Ocon in Betracht gezogen. Ocon wird geschickt als Mercedes-Reservist positioniert, und 2019 werden wir sehen, was Valtteri drauf hat.»

«Sebastian Vettel ist teilweise bärenstark gefahren. Aber leider hat er ein paar schwerwiegende Fehler gemacht. Seine Darbietungen bis Hockenheim, seine Leistung in Belgien etwa, die waren sehr gut, aber dann hat Ferrari in Sachen Entwicklung ein wenig die Orientierung verloren, die Fehler von Seb kamen hinzu. Wäre jemand eben von einer einsamen Insel zurückgekommen und würde sich die WM-Daten anschauen, dann käme er zum Schluss, Lewis Hamilton und Mercedes hätten diese WM dominiert. Aber das war überhaupt nicht so, es war viel knapper.»

«Ich zweifle keine Sekunde daran, dass Sebastian Vettel genügend Talent hat, um einen fünften WM-Titel zu erringen. Aber im Rad-an-Rad-Kampf fehlt ihm derzeit das richtige Einschätzungsvermögen, und daran muss er schleunigst arbeiten. Auf ihn kommt zu, was Daniel Ricciardo bei Red Bull Racing bereits erlebt hat – eines der aufregendsten neuen Formel-1-Talent sitzt im eigenen Nest. Bei Daniel war es Max Verstappen, bei Vettel wird es nun Charles Leclerc sein. Wenn Seb einen inneren Turbo zünden kann, so wie Lewis, dann wäre jetzt der richtige Zeitpunkt.»

«Kimi Räikkönen ist für mich der Peter Pan der Formel 1. Schaut euch mal an, wie jung er mit 39 Jahren wirkt. Er hat einige seiner besten Leistungen gezeigt, nachdem klar war – er wird Ferrari in Richtung Sauber verlassen. Vielleicht hat das damit zu tun, dass ein gewisser Druck weg ist, Kimi hatte nichts mehr zu verlieren. Sein Sieg in Texas unterstreicht das.»

«Ich fand schon Kimis Pole-Position in Monza überaus eindrucksvoll. Klar profitierte er dort ein wenig vom Windschatten ausgerechnet seines Stallgefährten Vettel, was eine Kontroverse losgetreten hat. Über die vergangenen Jahre jedoch errang er zwischen 65 und 80 Prozent der Punkte seiner Stallgefährten Alonso und Vettel, Ferrari musste nach einer Lösung suchen.»

«Mein Bauchgefühl sagt: Kimi wird uns im Sauber überraschen. Ich glaube, die Schweizer werden für 2019 ein sehr gutes Auto bauen, und Räikkönen kann ohne Druck aufgeigen. Ich würde ihn nicht als Siegesanwärter einstufen, aber ich traue ihm einige verblüffende Ergebnisse zu.»

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