Formel-1-Sportchef Ross Brawn: Wahrheit über Mercedes
Toto Wolff (links) mit Formel-1-CEO Chase Carey und F1-Sportchef Ross Brawn
Immer wieder ist in den vergangenen Monaten spekuliert worden, Mercedes-Benz könnte Ende 2020 die grosse Rennbühne verlassen – weil Konzernchef Ola Källenius Sparmassnahmen angekündigt hat. Teamchef Toto Wolff widerspricht entschlossen und beteuert, dass die Silberpfeile der Königsklasse erhalten bleiben. Die Tatsache, dass mit der Formel-1-Führung noch kein neuer Vertrag über 2020 hinaus unterzeichnet ist, muss kein Alarmzeichen sein, das hat Ferrari auch noch nicht, und dennoch mutmasst niemand, die Italiener würden der Formel 1 den Rücken wenden.
Der 65jährige Formel-1-Sportchef Ross Brawn weiss genau, wie die Menschen in den Rennwagenwerken von Brackley (Chassis) und Brixworth (Motoren) ticken – Brawn hat damals seinen Rennstall BrawnGP (vormals Honda-Werksteam) an Mercedes verkauft, er war jahrelang Teamchef von Mercedes-Benz. Nun sagt er bei einem Medientermin mit englischen Journalisten zum möglichen Abschied von Mercedes: «Ich erkenne kein Anzeichen dafür, dass einer der heute in der Formel 1 vertretenen Hersteller geht. Ganz im Gegenteil erhalten die Vorstände der Autoproduzenten nun finanzielle Sicherheit, denn der Kostendeckel kommt. Sie wissen genau, wie viel sie ausgeben werden.»
Brawn war treibende Kraft hinter der Einführung der Budgetobergrenze. Immer wieder gab es Versuche von Abkommen unter Ehrenmännern, in der Formel 1 die Kosten einzudämmen. Aber wo der sportliche Ehrgeiz beginnt, endet die freiwillige Kostenbremse.
Ross Brawn: «Finanzregeln sind für mich unerlässlich, um die Zukunft der Formel 1 sicherzustellen. Der grosse Unterschied zu damals – erstmals ist die Finanzseite Teil des Reglements. Das gibt uns die Möglichkeit, für einen Bruch der Finanzregeln eine Strafe zu verhängen. Wie streng diese Strafe ausfällt, das hängt von der Art des Vergehens ab. Kommen wir einem Betrug auf die Schliche, dann wird der entsprechende Rennstall seine Punkte verlieren, das ist wirklich sehr ernsthaft.»
Anders gesagt: Wird hier betrogen, dann fliegt dieser Rennstall aus der WM-Wertung.
Ross Brawn weiter: «Wir haben innerhalb der FIA und auch bei der Formel 1 sehr kluge Finanzexperten. Und wir haben uns Hilfe von ausserhalb des Sports geholt, wie etwa von Deloitte. Sie haben in Sachen Sportfinanzierung im American Football viel Erfahrung. Und ihre Arbeit dort hat sich bezahlt gemacht.»
«Unsere Regeln sind durchdacht, aber sie werden sich weiterentwickeln, so wie alle Reglemente. Ich gehe davon aus, dass die eine oder andere Herausforderung auf uns zukommen wird. Aber es war höchste Eisenbahn, die Kosten der Formel 1 endlich in den Griff zu bekommen. Die Kosten sind explodiert, so konnte das nicht weitergehen.»
«Wir wollen, dass die Kosten/Nutzen-Rechnung stimmt. Eine Firma wie Mercedes erhält durch ihr Engagement ein Mehrfaches an Werbung weltweit. Die Einführung des Kostendeckels bedeutet auch – kommen wir in wirtschaftlich schwieriges Gewässer, können wir die Obergrenze senken.»