Maurizio Arrivabene (Ferrari) zu WM-Traum von Vettel
Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene mit Sebastian Vettel
Er ist jetzt nicht eben der Typ, der auf die Tische springt und «We are the Champions» in die Nacht von Singapur hinausbrüllt: Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene wirkte nach dem tollen Sieg von Sebastian Vettel, abgerundet durch einen guten dritten Platz von Kimi Räikkönen, ruhig und gefasst. «Ich fühle mich so, wie ich gegen aussen wirke – ich bin ruhig, aber ich bin glücklich.»
Siegessicher war der Ferrari-Steuermann nie: «In der Formel 1 ist nur eines sicher: dass überhaupt nichts sicher ist. Um genau zu sein, fühlte ich mich nicht siegessicher, sondern beunruhigt.»
Das war an der Körpersprache des 58-Jährigen aus Brescia leicht zu erkennen: er bewegte sich wie ein Tiger im Käfig. Es half dem Selbstvertrauen auch nicht, als die eine Hälfte des Ferrari-Kommandostands auf einmal ihren Dienst versagt, ausgerechnet jene, an welcher Riccardo Adami (41) Leader Sebastian Vettel zum Sieg coachen wollte.
Arrivabene weiter: «Wenn dein Auto auf Pole steht, dann wird von dir ein Sieg erwartet. Aber dazu musst du hier in Singapur erst mal einen guten Start hinlegen. Dann musst du bei möglichen Safety-Car-Phasen Glück haben und Verstand benutzen. Wir hatten dieses Mal gleich zwei Safety-Car-Phasen. Singapur ist unvorhersehbar – da wirst du am Kommandostand nervös.»
Was machte Vettel dieses Mal scheinbar unschlagbar? Und wieso schien Kimi am Samstag und Sonntag nicht so recht auf Touren zu kommen? Arrivabene: «Sebastian liebt diesen Kurs und ist hier immer schon ganz stark gefahren. Niemand sollte aber vergessen, wie gut Kimi in Monza-Training war. Beide sind hier auf dem Podest gewesen, das reicht mir.»
Und was war mit dem Handling, das Kimi monierte? Arrivabene beginnt zu lachen: «Aber das ist doch immer so! Kimi lamentiert immer über sein Auto. Das ist eben der Unterschied, wenn es nicht so gut läuft. Sebastian schweigt und Kimi jammert.»
Vor der Saison hatte Arrivabene gesagt: Ein Sieg wäre super. Zwei Siege wären ein Traum. Bei drei Siegen laufe er von zuhause nach Maranello, ohne Schuhe. Arrivabene beginnt zu lachen: «Nein, das ist nicht wahr. Ich sagte – bei vier Siegen mache ich das!»
Hand aufs Herz: Hat Arrivabene Angst um einen Sieg gehabt? Maurizio grinst: «Ich habe immer Angst um den Sieg, von der ersten Sekunde an. Die hört erst auf, wenn die Zielflagge fällt.»
«Gestern habe ich mich mit Pino Allievi von der “Gazzetta dello Sport” unterhalten. Wir sprachen über eine Quali-Runde von Seb, wie ich sie noch nie von einem Piloten gesehen habe. Pino meinte daraufhin, solche Runden hätte er in seiner langen Journalistenkarriere nur von zwei Fahrern erlebt – von Carlos Reutemann und von Ayrton Senna. Im Rennen hat Seb dann diese grandiose Leistung wiederholt. Aber ich will beim Rummel um Vettel betonen – wir haben auch Kimi auf dem Podest, trotz Widrigkeiten, und das spricht für die Klasse unseres Teams, hier und in Maranello.»
Was liegt nun für Suzuka drin? Arrivabene: «Das ist keine Piste, die unserem Auto ideal schmecken wird.»
Seb liegt im WM-Zwischenklassement nur noch acht Punkte hinter Rosberg. Und in der Form von Singapur ist auch Lewis Hamilton in Reichweite. Arrivabene meint: «Wir arbeiten weiter konzentriert, aber in Demut. Um an die Spitze zu gelangen, müssten wir verflixt viele Punkte erobern. Also bleiben wir einfach dabei, uns stetig steigern zu wollen und zu versuchen, aus jedem Rennen das Maximum zu holen. Später schauen wir dann, wo uns das hinbringt.»