Bernie Ecclestone: «Baku lässt Amerika alt aussehen»
Bernie Ecclestone im Fahrerlager von Baku mit Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene
Niemand weiss besser als Bernie Ecclestone, wie so auf dem Medienklavier herumzuklimpern ist, dass die Töne ankommen. Da werden gezielt Spitzen gesetzt, um Druck auszuüben.
Mit den Rennen von Montreal und Baku innerhalb von acht Tagen haben wir einen direkten Vergleich zwischen Nordamerika und Aserbaidschan. Bernie Ecclestone schmiert den Baku-Organisatoren Honig ums Maul und gibt gleichzeitig den Nordamerikern eine aufs Maul. Das geht dann so: «Als wir die ersten Pläne dieser Rennstrecke veröffentlicht haben, hielten uns alle für übergeschnappt. Aber wir haben versucht, die Altstadt und den modernen Teil miteinander zu verbinden, und das ist uns wohl gut gelungen. Wir haben eben den angeblich grossartigsten Kontinent verlassen, Nordamerika, aber verglichen mit hier ist Nordamerika doch ein Müllkippe.»
Der fragwürdige Vergleich von Ecclestone hat zwei Gründe. Grund 1: Montreal ist mit Arbeiten zur Modernisierung des Circuit Gilles Villeneuve im Rückstand. Ecclestone will den Kanadiern Beine machen. Montreal-Bürgermeister Denis Coderre beteuert: «Wir werden bis Ende Juli alles finalisieren. Wir brauchten Klarheit, denn wenn man über Millionen von Dollar spricht, dann ist es das Geld der Steuerzahler. Aber wir stehen zu unserem Wort, und die vereinbarten Arbeiten werden zum Rennen 2017 hin erledigt sein.»
Grund 2 für Ecclestones Wut auf Nordamerika: Mit dem geplanten zweiten USA-GP wird es vorderhand nichts. Das fabelhafte Projekt gegenüber Manhattan ist nicht zustande gekommen, weil die Finanzierung verpatzt wurde. Das Projekt Las Vegas kommt nur schleppend vorwärts. Pläne für einen Grand Prix an der Westküste sind über Denkmodelle nicht hinausgekommen. Ecclestone verliert langsam die Geduld. Er will die Formel 1 besser in den USA positionieren, mit einem zweiten Rennen neben Austin, am liebsten aber mit drei Rennen – Austin in Texas, Ostküste, Westküste. Aber das will und will nicht zustandekommen.
Klar wird Bernie Ecclestone in Baku auch auf die Menschenrechtssituation angesprochen. Der Brite lässt sich da nicht aufs diplomatische Glatteis führen und relativiert im Zusammenhang mit Aserbaidschan: «Sobald mir jemand genau erklärt, was Menschenrechte genau sind, können wir uns darüber unterhalten. Meinungsfreiheit und all das – ich schätze, jeder gerät in Schwierigkeiten in den meisten Ländern, wenn er sich lautstark gegen die Regierung äussert. Das ist alles nicht so einfach. Und wenn ich höre, wir sollten keine Rennen in Ländern haben, wo es Korruption gibt, wo sollen wir dann überhaupt hin?»