Formel 1: Abschied in der Unterhose

Mercedes für Bottas oder Ocon: Wie geht zwei in eins?

Von Mathias Brunner
Baku-Sieger Valtteri Bottas

Baku-Sieger Valtteri Bottas

​Mercedes hat ein Problem: Valtteri Bottas führt nach zwei Saisonsiegen die WM an, während für den jungen Esteban Ocon und 2020 ein Auto gesucht wird. Wo soll der Franzose zum Einsatz kommen?

2018 hat Lewis Hamilton seinem finnischen Mercedes-Stallgefährten Valtteri Bottas den Schneid abgekauft: Während der Engländer seinem fünften Fahrer-WM-Titel entgegenstrebte, blieb Bottas ohne Sieg und wurde nur WM-Fünfter. Natürlich liess das die alte Suppe hochköcheln, wonach sein Nachfolger bereit stehe – der Franzose Esteban Ocon. Für den war Ende 2018 kein Platz mehr übrig, als bei der Verwandlung von Force India zu Racing Point der junge Kanadier Lance Stroll ins Team kam, Sprössling von Racing-Point-Teilhaber Lawrence Stroll. Seither ist Ocon Edelreservist bei Mercedes-Benz.

Das Dilemma von Teamchef Toto Wolff: Er will dem jungen Ocon 2020 wieder den Steilbügel halten in einen GP-Renner, doch wo soll Esteban ins Lenkrad greifen? Bei den Silberpfeilen fährt derzeit Bottas auf Augenhöhe mit Hamilton und führt nach vier Rennen die Weltmeisterschaft an. Ein Zurück zu Racing Point gibt es nicht, weil dort auch 2020 Pérez und Stroll engagiert sein werden.

Der dritte Rennstall mit Mercedes-Power ist Williams, aber die Engländer stecken in der grössten Krise ihrer Firmenhistorie – da würde Wolff Ocon einen Bärendienst erweisen. Ausser der Wiener möchte herausfinden, wer mehr Potenzial hat: Sein Junior Ocon oder der andere Junior George Russell, der 2019 bei Williams seine ersten Formel-1-Saison bestreitet. Mögliche Lösung daher: Ocon und Russell 2020 bei Williams, der Bessere erhält 2021 einen Silberpfeil.

Valtteri Bottas hat in Baku zugegeben: Es gibt noch kein Gespräch über 2020. «Ich habe überhaupt nicht darüber nachgedacht», sagt der fünffache GP-Sieger, der in der WM gegen Hamilton mit 87:86 vorne liegt. «Ich konzentriere mich ganz auf den Moment.»

Bottas ist mit dieser Einstellung in die Saison gegangen: «Ich finde, ich habe in der Formel 1 noch nichts erreicht. Beweisen muss ich niemandem etwas ausser mir selber. Das Team weiss genau, was ich kann. Ich muss das abrufen können. Jedes Mal. Ich spürte Ärger über mich selber. Du hast in der Regel nur eine Formel-1-Karriere, ich fahre jetzt sechs Jahre lang, und ich bin nicht dort, wo ich gerne sein würde. Ich will so antreten, dass ich Ende 2019 sagen kann: ‚Ich habe alles getan, ich hätte nichts besser machen können.’ Nur wenn ich das Beste aus mir selber hole, kann ich mit Lewis auf Augenhöhe fahren. Ich will so viele Rennen als möglich gewinnen und um den WM-Titel mitreden.»

Bislang läuft das prima: Sieg in Australien, mit schnellster Rennrunde, Pole in China, Sieg von Pole in Baku. Dank des Zusatzpunkts aus Melbourne führt der 29-Jährige die WM an.

Aber ist es wirklich vorstellbar, dass Mercedes einen Piloten vor die Tür setzt, der in solch guter Form fährt? Undenkbar ist das in der Formel 1 nicht: Williams hat früher Weltmeister wie Nigel Mansell oder Damon Hill sang- und klanglos abserviert, wenn ihnen das in den Kram gepasst hat.

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