Verrückte Formel 1: Pirelli bewässert Barcelona-Bahn
Die meisten Formel-1-Fans, die sich die Testfahrten auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya gönnen, haben es verpasst: In der Nacht auf Donnerstag und am Morgen um 6.00 Uhr rollten acht Tankwagen um den Kurs, zwei Runden lang, die Piste wurde komplett eingenässt.
Der Plan der Mailänder Reifenhersteller: Die Fahrer sollen zunächst mit den neuen Regenreifen testen können, dann, wenn die Bahn auf natürliche Weise abtrocknet, sollen sie mit den neuen Intermediates für Mischverhältnisse auf die Bahn gehen.
Hintergrund der ganzen Übung ist die laute Kritik der Formel-1-Stars nach dem Chaos-GP von Brasilien.
Ferrari-Star Kimi Räikkönen schimpfte damals: «Diese Reifen neigen zum Aquaplaning, selbst wenn es nicht stark regnet. Das haben wir nun schon viele Male gesagt, doch offensichtlich spielen da auch andere Faktoren wie der Belag und die Strecke eine Rolle. Vor zehn oder zwölf Jahren waren diese Bedingungen noch kein Problem für die Regenreifen. Das Aquaplaning ist das grösste Problem. Sobald ein bisschen Wasser auf der Strecke ist, haben wir null Grip.»
Pirelli-Rennleiter Paul Hembery hat versprochen, dass die Aufwärmphase der Reifenreifen verkürzt wird. «Wir wollen die Aufwärm-Charakteristik der Reifen verändern und wie in der GP2, in der Heizdecken verboten sind, Mischungen einsetzen, die sehr viel schneller auf Betriebstemperatur kommen.»
Das wird auch dringend nötig sein. Denn neu im Reglement 2017 ist verankert: Bei regennasser Bahn und einer Safety-Car-Phase kommt es anschliessend nicht zu einem fliegenden Start wie früher. Die Autos nehmen vielmehr ihre Plätze auf der Zielgeraden auf und starten stehend.
Der Italiener Mario Isola, Formel-1-Projektleiter von Pirelli, sagt: «Wir haben die ganz Übung mit den Spaniern am Montag geübt, und wir sind ihnen zu grossem Dank verpflichtet. Die acht Tankwagen sind nötig, weil die Piste nicht flach ist, das Wasser wird also schnell ablaufen. Wir wollen zunächst extreme Bedingungen simulieren, dann sehen, wie die Piste abtrocknet, die Teams können die Intermediates einsetzen, dann wird die Piste ganz trocken, so können die Rennställe lernen, wann der Zeitpunkt richtig ist, um auf Trockenreifen zu gehen.»
«Auch die Regenreifen sind breiter, das Profil sieht ähnlich aus, aber es wird erheblich mehr Wasser verdrängt, eben weil die Walzen so viel breiter sind. Eine Unbekannte ist für mich die Gischt. Keiner kann sagen, wie sich das mit den breiten Reifen entwickelt.»
Mario Isola hat sich mit den Journalisten in Barcelona auch zusammengesetzt, um über die Erfahrungen mit den neuen Breitreifen auf trockener Bahn zu sprechen.
Isola, in der Pirelli-Stadt Mailand geboren, meint: «Das erste Feedback der Fahrer ist gut. Die Aufwärmphase der Walzen ist ein wenig länger als zuvor. Aber dann verhalten sich die Reifen anders. Die Haftung bleibt hoch und gleichmässig, wie die Zeiten der Dauerläufe zeigen. Das gilt für alle Mischungen. Selbst die mittelharten Reifen haben nicht überhitzt, aber ich muss der Fairness halber sagen, dass die Asphalttemperaturen natürlich viel höher sein werden, wenn wir hier im Mai für das GP-Wochenende zurückkommen.»
«Die Fahrer berichten, dass die Reifen nicht nur mehr Haftung bieten, was natürlich auch an der breiteren Auflagefläche liegt, sondern dass sie mit den neuen Reifen länger härter fahren können als früher. Das scheint ihnen zu gefallen.»
«Was ich erwarte: Dass die Fahrer mit diesen Reifen im Abschlusstraining mehr schnelle Runden zeigen können. Und dass wir in den Grands Prix wohl eher weniger Reifenwechsel erleben. Ob das alles der richtige Weg ist, das wird sich zeigen. Wir haben in diesem Jahr 25 Testtage für Reifen, wir können auch wieder eine andere Richtung einschlagen. Wir müssen auch aufpassen, dass wir aufgrund von Erkenntnissen aus den ersten Rennen nicht zu sensibel reagieren. Denn ich erwarte bei den Autos eine rasante Entwicklung. Das wird auch das Verhalten der Reifen verändern.»
Böse Überraschungen hat es bislang für Isola nicht gegeben: «Die Belastungswerte der Reifen entsprechen unseren Simulationen. Wir hatten mit 30 Prozent mehr Abtrieb der Autos und entsprechender Belastung der Walzen gerechnet. Das scheint sich zu bewahrheiten. Die Autos sind schneller, aber die Top-Speeds werden nicht steigen – weil die breiteren Autos und die breiteren Reifen die Wagen weniger windschlüpig machen. Wir erwarten auch, dass die Reifen weniger körnen, also wenn sich durch das Rutschen des Autos auf der Reifenoberfläche kleine Gummikügelchen bilden. Und es wird auch weniger Reifenabrieb geben, der entlang der Ideallinie liegen bleibt.»
«Ich hoffe, wir haben einen guten Test auf nasser Bahn, dann hätte ich als Reifentechniker in der kommenden Woche gerne wärmeres Wetter. Sonst sind wir mit der Arbeit bislang zufrieden.»
Was sich nicht ändern wird: Pirelli wird für jedes Rennen auch weiterhin Reifendrücke ausgeben, die Italiener wollen den Teams aber eine etwas längere Leine lassen. Aber Mario Isola betont: «Die Sicherheit wird immer Priorität haben.»
Die breiteren Reifen haben Pirelli einen Batzen Geld gekostet. Mario Isola: «Eine genaue Zahl habe ich nicht, und wenn ich sie hätte, dann dürfte ich sie nicht verraten. Aber wir haben viel investiert für diese neue Reifengeneration. Es geht nicht nur darum, breitere Reifen zu backen. Wir brauchten neue Reifenmontiermaschinen, zwei zusätzliche Container für die Übersee-GP, wir haben einen Lkw mehr, der zu den europäischen Rennen fährt. Das sind alles ziemlich umfangreiche Änderungen, einschliesslich der ganzen Logistik.»
3. Testtag Barcelona, Mittwoch, 1. März
1. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W08, 1:19,705 (75)
2. Sebastian Vettel (D), Ferrari SF70-H, 1:19,952 (139)
3. Daniel Ricciardo (AUS), Red Bull Racing RB13-Renault, 1:21,153 (67)?
4. Jolyon Palmer (GB), Renault RS17, 1:21,396 (51)
5. Nico Hülkenberg (D), Renault RS17, 1:21,791 (42)
6. Marcus Ericsson (S), Sauber C36-Ferrari, 1:21,824 (121)?
7. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W08, 1:22,090 (93)
8. Romain Grosjean (F), Haas VF-17-Ferrari, 1:22,118 (53)
9. Lance Stroll (CDN), Williams FW40-Mercedes, 1:22,351 (98)
10. Fernando Alonso (E), McLaren MCL32-Honda, 1:22,598 (72)
11. Carlos Sainz (E), Toro Rosso STR12-Renault, 1:23,540 (32)
12. Alfonso Celis Jr. (MEX), Force India VJM10-Mercedes, 1:23,568 (66)
13. Daniil Kvyat (RUS), Toro Rosso STR12-Renault, 1:23,952 (31)
2. Testtag Barcelona, Dienstag, 28. Februar
1. Kimi Räikkönen (FIN), Ferrari SF70-H, 1:20,960 (108)
2. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W08, 1:20,983 min (66)
3. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing RB13-Renault, 1:22,200 (89)
4. Kevin Magnussen (DK), Haas VF-17-Ferrari 1:22,204 (118)
5. Esteban Ocon (F), Force India VJM10-Mercedes, 1:22,509 (86)
6. Daniil Kvyat (RUS), Toro Rosso STR12-Renault, 1:22,956 (68)
7. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W08, 1:22,986 (101)
8. Jolyon Palmer (GB), Renault RS17, 1:24,139 (53)
9. Antonio Giovinazzi (I), Sauber C36-Ferrari, 1:24,617 (66)
10. Stoffel Vandoorne (B), McLaren MCL32-Honda 1:25,600 (40)
11. Lance Stroll (CDN), Williams FW40-Mercedes, 1:26,040 (12)
1. Testtag Barcelona, Montag, 27. Februar
1. Lewis Hamilton (GB), Mercedes W08, 1:21,765 min (73 Runden)
2. Sebastian Vettel (D), Ferrari SF70-H, 1:21,878 (126)
3. Felipe Massa (BR), Williams FW40-Mercedes, 1:22,076 (103)
4. Kevin Magnussen (DK), Haas-VF-17-Ferrari, 1,22,894 (50)
5. Daniel Ricciardo (AUS), Red Bull Racing RB13-Renault, 1:22,926 (50)
6. Valtteri Bottas (FIN), Mercedes W08, 1:23,169 (79)
7. Sergio Pérez (MEX), Force India VJM10-Mercedes, 1:23,709 (39)
8. Carlos Sainz (E), Toro Rosso STR12-Renault, 1:24,494 (51)
9. Nico Hülkenberg (D), Renault RS17, 1:24,784 (57)
10. Fernando Alonso (E), McLaren MCL32-Honda, 1:24,825 (29)
11. Marcus Ericsson (S), Sauber C36-Ferrari, 1:26,841 (72)