Mick Schumacher: Startplatz 4 für den Ferrari-Zögling
Die Pole-Position zu einem Formel-2-Rennen ist auf dem Hungaroring besonders wertvoll: Erstens gibt es für die Pole zum Hauptrennen jeweils vier Meisterschaftspunkte. Die haben sich in dieser Saison geschnappt – Luca Ghiotto zwei Mal (Bahrain und Spanien), Nyck de Vries zwei Mal (Monaco und Österreich), dazu je einmal Nobuharu Matsushita (Aserbaidschan), Sérgio Sette Camara (Frankreich) und Guanyu Zhou (England). Überholen ist auf dem engen ungarischen Kurs schwierig, also kommt der Quali eine noch grössere Bedeutung als üblich zu. Speziell in der Formel 2: Die Fahrer haben ganze dreissig Minuten, um alles auf den Punkt zu bringen. In der Regel sind das zwei Einsätze auf weichen Reifen, damit hat sich’s.
Bemerkenswert: Nur ein Fahrer konnte bei diesen sieben Versuchen die Hauptrenn-Pole in einen Sieg umsetzen, bezeichnenderweise ist das Tabellenführer Nyck de Vries aus den Niederlanden. Und als ob die Aufgabe der Fahrer nicht schon schwierig genug wäre, erweist sich das ungarische Wetter als sehr launisch – Regenzellen rundum, die ganze Arbeit auf trockener Bahn war, mindestens im Hinblick auf die Quali, für die Katz.
Bei 25 Grad Pistentemperatur und 21 Grad Luft gingen die Piloten auf die nasse Bahn, alle auf Regenreifen, denn Intermediates gibt es in der Sprungbrettklasse zur Formel 1 nicht. Der Moskauer Nikita Mazepin über Funk: «Ich glaube nicht, dass hier jemand mit Slicks fahren kann.»
Die meisten Piloten rückten mit tüchtig betankten Autos aus, in der Hoffnung, eine freie Runde zu erhalten. Erster Mann neben der Bahn: ausgerechnet Tabellenführer de Vries. Zum Glück konnte der Niederländer weitermachen – in Gegensatz zu Mazepin, der am Ausgang der Schikane einen Dreher zeigte und den Motor abwürgte, rote Flagge, aus!
Das Training musste deshalb unterbrochen werden, weil der Wagen von Mazepin geborgen werden musste. Im Gegensatz zum freien Training (Unfall von Ralph Boschung) wird die Uhr bei solch einer Gelegenheit in der Quali angehalten. Später erklärte Mazepin, dass der Motor in der Gaspedal-Abstimmung für trockene Bahn gewesen sei.
Nach rund fünf Minuten ging es weiter, der Regen hörte nicht auf, wurde sogar eher noch stärker. Die Rennleitung verlangte, dass die Fahrer das blinkende Regenlicht am Heck anstellen, aufgrund der starken Gischt. Alle drängelten auf die Bahn, weil sich abzeichnete – besser würden die Verhältnisse nicht werden, im Gegenteil. Also war es ganz wichtig, jetzt und sofort eine halbwegs gute Rundenzeit zu erreichen.
Nyck de Vries drängelte sich von dieser Gruppe an die Spitze, mit dem Vorteil einer gischtfreien Sicht. Erste Duftmarke des Niederländers: 1:50,820 min. Mick Schumacher schob sich auf Rang 2 (mehr als zwei Sekunden hinter de Vries), dann kam Luca Ghiotto, knapp hinter de Vries, aber mit einem mächtigen Rutscher, das kostete zu diesem Zeitpunkt die Bestzeit.
Der Regen wurde dichter, die Gischt ebenfalls. Hinter de Vries und Ghiotto purzelten die Zeiten, Guanyu Zhou und Nicholas Latifi nun vor Mick Schumacher. Der Deutsche schob sich wieder auf Rang 3 vor. Noch immer hiess es de Vries vor Ghiotto. Der Italiener zeigte den schnellsten ersten Sektor, rutsche aber in der letzten Kurve von der Ideallinie, ein weitere Chance vertan.
Hinter de Vries und Ghiotto inzwischen Nicholas Latifi Dritter vor dem Westschweizer Louis Delétraz, Mick Schumacher nun Fünfter. Wieder war Ghiotto im ersten Sektor der beste Mann, aber wieder war er auf der restlichen Runde zu langsam, um die Festung de Vries zu stürmen.
Dann haute Nicholas Latifi die neue Bestzeit raus: 1:50,578 min, zweieinhalb Zehntel schneller als de Vries. Der Niederländer holte sich an der Box frische Reifenreifen ab.
Stand zehn Minuten vor Schluss: Latifi, de Vries, Ghitto, Jack Aitken, Delétraz und Schumacher. Der Formel-3-Europameister ging mit frischen Reifen auf die Runde, aber gleich zwei Autos kamen vor ihm aus der Boxengasse. Mick tastete sich zwischen den beiden Gegnern durch, der 20-Jährige fuhr die Kartlinie, also neben der Ideallinie, um mehr Grip zu finden auf der rutschigen Bahn. Schumacher verbesserte sich im mittleren Teil der Bahn, schoss über die Ziellinie und – zweitschnellste Zeit, 190 Tausendstel hinter Latifi.
Meisterhafte Runde dann von de Vries – fast acht Zehntel vor dem Rest der Welt, während Latifi kurz neben der Bahn war. Ghiotto verpasste die Bestzeit von de Vries nur um zwei Zehntel. Am meisten ärgerte sich aber Jack Aitken, der Brite war nach Bestzeit im mittleren Sektor von der Bahn gerutscht.
Der letzte Versuch von Mick Schumacher ging schief, Mick zwei Mal neben der Bahn, damit konnte er sich nicht mehr verbessern.
Die schnellsten Zehn: De Vries vor Ghiotto, Latifi, Schumacher, Delétraz, Callum Ilott, Jack Aitken, Nobuharu Matsushita, Anthoine Hubert und Guanyou Zhou.