Luca di Montezemolo über Ferrari, Schumacher, Vettel
Luca di Montezemolo
Er spricht nur noch selten über Ferrari, der grosse Luca di Montezemolo – von 1991 bis 2014 Steuermann der berühmtesten Sportwagenfirma der Welt und des beliebtesten Rennstalls obendrein. Das Ende seiner Ära war unglamourös, es gab dicke Luft zwischen ihm und Fiat-Sanierer Sergio Marchionne, der sich zum neuen starken Mann von Ferrari gemacht hat.
Eine schöne Parallele, dass Ferrari und Luca di Montezemolo das Geburtsjahr teilen: 1947. Für die Führungspersönlichkeit gilt – man kann Montezemolo aus Maranello entfernen, aber niemand kann Ferrari aus Montezemolo entfernen. Gegenüber unseren Kollegen der Gazzetta dello Sport meint Luca: «Ich kann es selber kaum glauben, dass ich 70 geworden bin.» Und zwar genau heute Donnerstag, 31. August 2017. Luca: «Ich fand es immer merkwürdig, wenn mir von Menschen mit 70 Jahren erzählt wurde, weil ich das so alt fand. Aber ich selber fühle mich voller Leidenschaft und Elan und Ideen. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich in der Gesellschaft junger Menschen sehr wohl fühle.»
Montezemolo gibt zu: «Mir fehlt Ferrari unheimlich, der Rennstall, die grandiosen Mitarbeiter, mir fehlt der Kontakt zu den Kunden, die Organisation bei der Arbeit.»
«Ich sehe mir jedes Rennen an, und ich fiebere mit und leide wie früher. Ein Riesenstress! Meine Frau sagt immer: "Wie kann es sein, dass du dich für ein Autorennen alleine in ein Zimmer sperrst und mit keinem reden willst?"»
Als seine schönsten drei Momente mit Ferrari bezeichnet Luca: «Monza 1975, als Niki Lauda für uns den ersten Fahrertitel seit 1964 eroberte und Clay Regazzoni das Rennen gewann. Und dann Suzuka 2000, als Michael Schumacher den ersten Fahrer-WM-Titel nach 21 Jahren Durststrecke nach Maranello brachte. Auch die Monza-Siegerehrung 2010 war unvergesslich, als Alonso gewann und Massa da oben stand.»
«1975 hatten wir noch kein Handy. Ich wurde in die Box gerufen, Enzo Ferrari war am Telefon. Er sagte nur: "Grazie." Ein Wort, das er nicht oft benutzt hat. Er war hörbar gerührt. Im genau zu sein, hat er geweint.»
Heute steht bei Montezemolo «noch ein Ferrari in der Garage, eine 360er Barchetta, von Pininfarina entworfen. Es war ein Geschenk von Gianni Agnelli zu meiner Hochzeit. In all diesen Jahren habe ich nie davon Gebrauch gemacht, einen Ferrari zu Sonderkonditionen zu kaufen. Aber vielleicht schenke ich mir zum 70. Geburtstag einen.»
Auf die Frage, ob er den vielleicht von Marchionne geschenkt erhalte, erlaubt sich Luca eine Nadelspitze: «Glaube ich nicht. Als Ferrari an die Börse ging, habe ich für meine jahrelange Arbeit nicht mal eine Tafel Schokolade bekommen.»
Das erzeugt eine Brücke zum neuen Vertrag von Sebastian Vettel, denn Montezmolo fährt fort: «Als wir uns damals zum ersten Mal trafen, hat er mir aus der Schweiz Schokolade mitgebracht. Das war ein Jahr vor seinem Vertrag mit uns. Michael Schumacher hatte mir Sebastian ans Herz gelegt, er hielt ganz grosse Stücke auf ihn.»
«Ferrari hat so viele tolle Erfolge erringen dürfen, aber das Geheimnis hinter den Erfolgen waren immer die Menschen. Ich habe versucht, so talentierte Mitarbeiter wie Jean Todt, Rory Byrne, Ross Brawn oder Paolo Martinelli um mich zu scharen. Ganz elementar war Michael Schumacher, unvergleichlich, auch wie er im ganzen Rennstall den Teamgeist förderte.»
Bald feiert Ferrari offiziell in Maranello 70 Jahre Firmenbestehen. Nicht auf der Gästeliste: Luca Montezemolo.
Der Jubilar meint: «Amüsiert euch gut, ich bin leider nicht eingeladen worden, aber das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass Ferrari den WM-Titel gewinnt.»