Rätsel Racing-Raritäten: Aus einem exklusiven Kreis
Aus dem Archiv unserer Partner der britischen Foto-Agentur LAT stellen wir bekanntlich jede Woche ein kleines Stück Motorsporthistorie vor. Das Vorgehen ist kinderleicht – sagen Sie uns, wer zu erkennen ist, wo und wann das Bild entstand (Beispiel: Jo Siffert, Monza, 1970) und gewinnen Sie mit etwas Glück einen kleinen Preis. Bitte Namen, Adresse, Geburtsjahr und Telefonnummer nicht vergessen. Schicken Sie Ihre Lösung an: mathias.brunner@speedweek.com. Einsendeschluss ist jeweils Sonntag der laufenden Woche, 24.00 Uhr.
Die richtige Lösung vom letzten Mal: Wir sehen den Engländer John Surtees mit seinem Ferrari beim Grossen Preis der USA in Watkins Glen. Das Ungewöhnliche am Ferrari – er war in den Rennfarben der Vereinigten Staaten unterwegs, also in Weiss und Blau, und unter dem Banner von NART (North American Racing Team). Enzo Ferrari hatte sich mit dem internationalen Automobilklub verkracht, aus Protest trat Ferrari in Amerika nicht im traditionellen Rot an. Genauso war es kurz darauf beim Grossen Preis von Mexiko. Dort wurde Surtees Weltmeister, aber nicht mit einem roten Ferrari 158.
Enzo Ferrari und der Verband hatten sich wegen der Homologation des neuen Mittelmotor-Ferrari vom Typ 250 LM verkracht. Der Firmengründer war empört, dass der italienische Verband ACI ihn nicht unterstützte, er gab theatralisch seine Rennlizenz zurück und verkündete kurzerhand, er werde nie wieder im Ferrari-Rot antreten. Natürlich wurde der Streit später beigelegt, und die Ferrari tauchten 1965 wieder in der gewohnten Farbe auf.
Enzo Ferrari hegte seinen Groll schon seit 1962. Damals wollte er das Modell 250 GTO für Einsätze im GT-Sport annehmen lassen. Gemäss des italienischen Verbands mussten zur Homologation hundert Fahrzeuge gebaut werden. Aber die hatte Ferrari nicht bereit. Der listige Enzo führte den Regelhütern eine Reihe von Fahrzeugen vor, dann gab’s einen Kaffee. Währenddessen wurden die Autos in einen anderen Bereich gefahren und nach der Kaffeepause den Funktionären als weitere Fahrzeuge präsentiert. Ob das Mythos oder Wahrheit ist, darüber diskutieren Tifosi bis heute leidenschaftlich. Aber genau solche Geschichten sind Teil der Faszination Ferrari.
Jedenfalls geht die Geschichte so weiter, dass sich der Verband nicht zwei Mal für dumm verkaufen lassen wollte und dem 250 LM kurzerhand die Homologation verweigerte. Worauf Enzo explodierte. Offiziell war nicht Ferrari im Einsatz in den USA und in Mexiko 1964, sondern eben NART. Einsatzleiter war Ferrari-Importeur Luigi Chinetti.
Anfang März 2017 ist John Surtees verstorben. Der einzige Fahrer, der auf zwei und auf vier Rädern Weltmeister geworden ist, wurde 83 Jahre alt.
John Surtees wurde früh mit dem Motorsport-Virus infiziert. Kein Wunder, schliesslich war der am 11. Februar 1934 in Tatsfield in der Grafschaft Surrey geborene John Sohn des Motorradhändlers und Hobby-Seitenwagenpiloten Vincent Surtees. Seine ersten Rennkilometer spulte der kleine John denn auch im Seitenwagen des Motorrads seines Vaters ab – und durfte gleich bei der Premiere den Sieg bejubeln. Allerdings wurde das Vater-Sohn-Gespann disqualifiziert, weil John als 14-Jähriger zu jung war.
Sein erstes Motorradrennen bestritt er ein Jahr später auf einer Grasbahn. Damals absolvierte er in der Werkstatt seines Vaters eine Mechaniker-Ausbildung. 1955 holte ihn Norton-Rennchef Joe Craig ins Werksteam und sorgte damit für den Beginn einer grandiosen Motorrad-Karriere.
Als Surtees ein Jahr später zu MV Agusta wechselte, wurde ihm schnell der Spitzname «Figlio del vento» (Sohn des Windes) verpasst. Zu Recht, zwischen 1956 und 1960 holte er insgesamt sieben WM-Titel – drei in der 350-ccm-Klasse und vier in der 500-ccm-Meisterschaft.
Danach wechselte Surtees auf vier Räder und bestritt zwischen 1960 und 1972 insgesamt 111 Grands Prix. Sechs davon beendete er als Sieger, 1964 durfte er in seinem vierten GP-Jahr beim letzten Saisonrennen in Mexiko-Stadt den WM-Titelgewinn mit Ferrari feiern. Es war das Highlight seiner Automobilsport-Karriere, die ein Jahr später durch einen schweren Unfall auf dem Mosport Circuit in Kanada fast beendet worden wäre.
Doch schon beim Saisonstart 1966 sass Surtees wieder am Steuer, in jenem Jahr sicherte er sich den zweiten Gesamtrang in der WM. Ab 1970 trat er im eigenen Formel-1-Team an, mit dem er allerdings keine grösseren Erfolge mehr feiern konnte. Nur noch in vier Rennen fuhr er in die Punkte, bevor er seine GP-Karriere 1972 beendete.
Auch bei den Sportwagen feierte Surtees grosse Erfolge, so gewann er etwa mit Ferrari auf dem Nürburgring, in Sebring und auf der Highspeed-Strecke von Monza. 1964 durfte er im prestigeträchtigen 24h-Klassiker von Le Mans gemeinsam mit Lorenzo Bandini den dritten Platz feiern.
Nach seiner aktiven Karriere blieb Surtees dem Motorsport treu, er wurde spät nochmals Vater, sein Sohn Henry galt als kommender Star. Doch am 19. Juli 2009 verunglückte der 18jährige Henry Surtees beim Formel-2-Rennen in Brands Hatch tödlich, als er von einem abgerissenen Rad eines gegnerischen Autos am Kopf getroffen wurde.
John Surtees sagte: «Mein Sohn folgte seinem Herzen von dem Zeitpunkt an, als er zum ersten Mal in einem Kart sass. Die Zukunft schien verlockend, und er blühte in der Welt des Motorsports auf. Er hatte sich selber bewiesen, dass er einer jener war, welche die Spitze erreichen können.»
Nach dem Tod seines Sohnes gründete John Surtees die Henry-Surtees-Stiftung, die sich für Menschen mit Hirnverletzungen einsetzt.
Der Unfall von Surtees war einer der Gründe, wieso wir im Einsitzersport heute den Kopfschutz Halo haben.
Zum neuen Rätsel: Ein merkwürdiges Auto ist hier zu sehen, mit dieser hohen Nase und der niedrigen Motorverkleidung. Sponsoren helfen uns nicht weiter, wohl aber ein scharfer Blick auf den Helm. Kleiner Tipp – dieses Auto gehört einem ziemlich exklusiven Kreis an.
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